Wieviel Mensch darf’s denn sein? Über die Pros & Cons von humanoiden Robotern.
Geht es um Roboter, scheiden sich schnell die Geister. Einigkeit herrscht darüber, dass sie durchaus hilfreich sein können. Sie heben und bewegen schwere Lasten, schweißen und lackieren ohne Pause, brauchen weder reine Luft noch Strahlenschutz. So sind wir dankbar, wenn wir einen Roboter statt eines Feuerwehrmannes in ein brennendes Gebäude zur Rettung Hilfesuchender schicken können. Bereits über das Erscheinungsbild der Roboter hingegen wird trefflich gestritten. Soll es zweckmäßig sein wie eine Maschine oder besser menschenähnlich?
David Hanson, Erfinder von Sophia, dem wohl bekanntesten humanoiden Roboter, hat dazu eine klare Meinung. Er hält die Sozialisierung der Roboter für einen entscheidenden Faktor. Wir sollten sie als Familienmitglied betrachten und auch so behandeln. Dieses Vorgehen ist für ihn auch einfach pragmatischer Selbstschutz vor Wesen, die vielleicht eines Tages viel intelligenter und uns überlegen sind. Wer will schon, dass sie dann Gleiches mit Gleichem vergelten und uns ebenso schlecht behandeln wie wir zuvor sie?
Bezeichnungen wie „Master and Slave“ sollten schnell beiseitegelegt werden. „Die meisten Roboter und KIs sehen nicht menschlich aus. Tatsächlich ist meine Sorge, dass sie nicht in menschlichen Familien aufwachsen werden. Sie werden uns nicht wirklich verstehen. Roboter wie Menschen aussehen zu lassen, erlaubt es uns also, ihnen besser beizubringen, uns zu verstehen, so dass wir eine wertvollere KI schaffen, die uns wirklich helfen kann.“
In stringenter Umsetzung dieser gedanklichen Linie will David Hanson „Little Sophia“, einen kleinen humanoiden Roboter, auf den Markt bringen. Er soll Kindern Coden beibringen und das Interesse für Roboter wecken. Derzeit läuft über die Online-Spendenplattform Kickstarter die Finanzierung.
Auch andere Wissenschaftler gehen der Frage nach: Wie sollten Roboter gestaltet werden, damit Menschen möglichst gut mit ihnen interagieren können? Nach Ansicht der Roboterpsychologin Martina Mara beispielsweise ist es nicht vorteilhaft, wenn Roboter besonders niedlich daherkommen. Also etwa mit großen Augen und Stupsnase. Sie empfiehlt, dass sie deutlich als Maschinen erkennbar sind. Roboter hätten klaren Funktionen und würden auch dazu beitragen, die gesellschaftliche Debatte wieder zu versachlichen. Weg von Angst erregenden SciFi-Szenarien hin zu Überlegungen, welche Funktionen Roboter haben sollten, um uns Menschen zu helfen. (Interview mit Martina Mara)
Auch der Philosoph Julian Nida-Rümelin ist gegen humanoide Roboter, „damit wir erst gar nicht in Versuchung kommen, Projektionen (Anmerkung des Autors: wir hätten da ein menschliches Gegenüber) in Gang zu setzen, die am Ende die ganze weitere Entwicklung gefährden“. Ein Roboter müsse so gebaut sein, dass er seine Funktion gut erfüllen könne. Dann entstehe gar nicht erst der Eindruck, er könne in irgendeiner Weise menschlich sein, sagte er im Deutschlandfunk. Heißt für mich, wenn die Funktion Standfestigkeit gefragt, müssen eben acht Beine her und nicht zwei. Also Spinne statt Mensch.
Ebenso kritisch zeigt sich Roboter-Ethiker Oliver Bendel. Menschen entwickelten sehr schnell Gefühle für diese Maschinen. “Wir lieben den Roboter. Aber er liebt uns nicht. Er tut vielleicht so, aber wir sind ihm völlig egal.“
Realistisch betrachtet muss man festhalten, dass wir heute noch weit entfernt von wirklich menschengleichen Robotern, so genannten Androiden, sind. Damit könnte man die Diskussion um deren Aussehen als l’art pour l’art, also reines Gedankenspiel, abtun. Dem würde ich nicht zustimmen. Es ist wichtig, sich jetzt Gedanken zu machen und Rahmen zu setzen.
Die Europäische Union sieht dies ähnlich. Im Entwurf für ethische Leitlinien heißt es: „Androiden können als verdeckte KI-Systeme betrachtet werden, da es sich um Roboter handelt, die so menschenähnlich wie möglich gebaut sind. Ihre Einbeziehung in die menschliche Gesellschaft könnte unsere Wahrnehmung von Mensch und Menschlichkeit verändern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verwirrung zwischen Mensch und Maschine vielfältige Folgen hat, wie zum Beispiel Anhaftung, Einfluss oder Minderung des Wertes des Menschseins. Die Entwicklung von humanoiden und androiden Robotern sollte daher einer sorgfältigen ethischen Bewertung unterzogen werden.“
Übertragen heißt das für mich, wie humanoid der Roboter auch künftig sein mag, er muss immer als Maschine erkennbar sein. Ähnlich hat es auch die Telekom in ihren selbst-bindenden Leitlinien für den Einsatz und Umgang mit KI im vergangenen Jahr formuliert. In Leitlinie Nummer vier geht es um Transparenz. Sie regelt auch, dass es für Menschen klar erkennbar sein muss, wenn sie mit einer Maschine kommunizieren. Somit ist das auch ein klares ‚Nein‘ zu humanoiden Robotern, wenn der Stand der Technik eines Tages so weit sein wird, dass perfekte Androiden gebaut werden können.
Das finde ich gut so!
Menschelnde Maschinen
Sollen Roboter menschenähnlich aussehen? Video-Interview mit David Hanson, Erfinder von Sophia.