„KI kann unsere kognitiven Fähigkeiten erweitern“

„Die Studie möchte ich betreuen“, dachte Dr. Steffen de Sombre, direkt, als er den Titel und die Beschreibung der Studie „KI und wir. Fast Food Wissen und virtuelle Liebe.“ hörte. Der Projektleiter des Allensbach Instituts betreut in seiner Funktion viele unterschiedliche Studieninhalte – von Gesundheit über Nachhaltigkeit bis hin zu Religion. Das Thema KI war bis vor drei Jahren wenig gefragt. Mittlerweile enthalten viele Studien auch Fragestellungen zu KI. Bisher kam ihm jedoch noch keine empirische Studie unter, die dediziert die gesellschaftlichen, kognitiven und sozialen Auswirkungen generativer KI thematisierte. Der Projektleiter vom Allensbach Institut erzählt, was ihn besonders an der Studie gereizt hat, was für ihn überraschend war – und was nicht.

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Steffen de Sombre hat als Projektleiter die KI Studie begleitet © Bildnachweis: Deutsche Telekom/ iStock/Alexander Sikov; Montage: Evelyn Ebert Meneses

Herr de Sombre, schön, dass Sie sich die Zeit genommen haben, kurz mit mir zu sprechen. Sie wollten diese Studie unbedingt betreuen. Was denken Sie, wieso beschäftigt die Thematik gerade so viele Menschen – und auch die Deutsche Telekom?

Die Telekom steht für digitale Kommunikation. Da passt das Thema erstmal sehr gut zum Auftraggeber. An der Relevanz des Themas besteht kein Zweifel. Ich muss nur die Zeitung aufschlagen oder im Internet schauen und sehe da die vielen unterschiedlichen Facetten: von der Regulierung in Form des AI-Acts bis hin zu den gesellschaftlichen Folgen bei der Nutzung von KI. Da fand ich die Forschungsfragen schon sehr spannend. Auch weil ich mittlerweile selbst immer wieder Chatbots nutze, sowohl beruflich als auch privat.

Apropos: Wie sehr haben Sie sich selbst in den Ergebnissen wiedergefunden?

Ich habe mich sehr wiedergefunden. Genau wie die befragten Personen habe ich bei der ersten Nutzung diese Faszination verspürt. Allein wie sich der Bot sprachlich ausdrückt – da war ich anfangs ziemlich geplättet, zu was KI in der Lage ist. Das hätte ich vor ein paar Jahren für absolut unmöglich gehalten. Allerdings kam bei mir nach dem WOW-Effekt auch eine Ernüchterung. Denn in manchen Punkten ist die Künstliche Intelligenz wie ein Blender, der es versteht, geschliffen zu formulieren. Durch die Ausdrucksweise und gewählten Formulierungen wird eben auch Vertrauen in den Nutzern erweckt. Aber es lohnt sich genau nachzuprüfen – denn hinter dieser geschliffenen Oberfläche ist manchmal viel Hohlraum. Aber bei gesunder Skepsis überwiegt bei mir weiterhin die Faszination.

Da sprechen Sie ein Ergebnis an, das auch die Studie hervorgebracht hat. Zwei Spannungsfelder stehen sich gegenüber: Bequemlichkeit und Skepsis. Bei anfänglichem Verdacht prüfen Nutzer die ausgespuckten Informationen noch mal nach. Aber es könnte schon sein, dass der innere Schweinehund auf lange Sicht siegt und jegliche Informationen als gegeben wahrgenommen werden, oder?

Ja absolut. Ich denke, es kommt dabei immer sehr drauf an, wie relevant die Richtigkeit von Informationen sind. Im beruflichen Kontext beispielsweise, müssen die Informationen in der Regel stimmen. Da könnte ich mir vorstellen, dass die Nutzer das häufiger nachprüfen. Im privaten Kontext werden die Informationen möglicherweise schneller als gegeben hingenommen und diese dann auch weitererzählt. Das kann dann – wie die Experten auch sagen – schon eine Gefahr für die Demokratie werden. Stichwort Meinungsblasen: Ein sehr selektiver Ausschnitt der Wirklichkeit wird als Fakt weitererzählt.

Was hat Sie von den Ergebnissen denn besonders überrascht? Was weniger?

Wenig überrascht hat mich, dass die Nutzung von Generativen KI bei den jüngeren Teilnehmern und bei höher gebildeten Menschen ausgeprägter ist. Das war erwartbar. Überrascht hat mich demgegenüber die große Dynamik der Entwicklung: Neben einem Viertel der Bevölkerung, die KI-Chatbots bereits nutzt, kann sich das ein weiteres Viertel vorstellen, wird also vermutlich bald zu Nutzern werden. Und diejenigen, die es jetzt schon nutzen, gehen in hohem Anteil von einer deutlichen Ausweitung ihrer Nutzung aus. Zudem war ich überrascht, dass weite Teile der Bevölkerung Verbote von KI-Anwendungen in Bereichen fordern, in denen ich mit großer Zustimmung gerechnet hätte. Knapp die Hälfte der Nutzer sagen beispielsweise, es sollte für die Diagnose von Krankheiten nicht verwandt werden. Da sehe ich, dass unter der Oberfläche neben der Faszination auch noch viel Angst vor der Technik herrscht. Alles, was große persönliche Konsequenzen haben kann, ohne dass ich das selbst steuern kann – die Diagnose von Krankheiten, die Behandlung von psychischen Problemen oder die Auswahl von Bewerbern für einen Arbeitsplatz – da sind die Nutzer noch sehr skeptisch.

Zum Schluss noch der Blick in die Zukunft: Wie ist Ihre Prognose? Mehr Mensch oder mehr Maschine?

Definitiv mehr Maschine. Die wird sich in vielen Anwendungsfeldern mehr Platz erobern und uns in vielen Bereichen als Helfer zur Seite stehen. Es besteht zwar die Gefahr, dass in der Gesellschaft bestimmte kognitive Fähigkeiten verloren gehen oder schwächer werden. Aber auch die Experten in unserer Untersuchung sehen das nicht zwangsläufig als bedrohlich. Wird KI genutzt, um das eigene Denken auszulagern – dann ist das eine mentale Regression. Wenn ich KI aber mit eigenem analytischem Verstand und eigenem Wissen nutze und mir gezielt Unterstützung suche, dann kann die Künstliche Intelligenz eine Erweiterung der eigenen kognitiven Möglichkeiten bedeuten. Es ist also am Ende eine Frage der Nutzung, die darüber entscheidet, ob es sich um einen Rückschritt oder einen Fortschritt handelt. Spare ich mir aus Bequemlichkeit das Denken: Rückschritt. Nutze ich KI als Unterstützung meiner eigenen kognitiven Fähigkeiten: Fortschritt.

Das Gespräch führte Kathrin Langkamp

Frau küsst Bildschirm ihres Laptops.

Fast Food Wissen und virtuelle Liebe

Eine Studie des Allensbach Instituts und der Telekom untersucht die Auswirkungen von digitalen Assistenten und sozialen Bots.

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