ZAC NRW: Bringt Hass und Hetze zur Anzeige
Hass, Hetze, Verleumdung, Aufruf zur Gewalt – was ist von der Meinungsfreiheit gedeckt? Was ist rechtswidrig? Und warum ist es wichtig, strafrechtlich gegen Hetzer vorzugehen? Wir haben mit Dr. Christoph Hebbecker, Staatsanwalt und Pressesprecher der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen gesprochen.
Hasskommentare in sozialen Medien, Volksverhetzung, Cyberangriffe auf Unternehmen und Kinderpornografie: Die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW) kämpft gegen die wachsende Kriminalität im Internet. Die Einheit wurde vor sieben Jahren eingerichtet. Seit 2017 arbeitet sie gemeinsam mit der Polizei, der Landesanstalt für Medien NRW und mehreren Medienunternehmen an dem Projekt „Verfolgen statt nur Löschen”. Ein Ziel des Projekts ist es, mehr Hasskommentare zur Anzeige zu bringen.
Christoph Hebbecker: „Eine große Herausforderung im Kampf gegen Hass im Netz ist, dass viele Menschen Hasskommentare und Hassbotschaften nicht zur Anzeige bringen. Es ist nicht ausreichend bekannt, dass Hate Speech von der Strafverfolgung geahndet wird. Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist es daher, aufzuklären und leicht zugängliche Meldewege zu schaffen.”
Tipp: Wer Zeug*in von Hass im Netz wird, sollte sich an die Meldestelle REspect! wenden, oder den Vorfall über die App MeldeHelden oder die Landesmedienanstalten melden.
Hasskommentare können strafrechtliche Konsequenzen haben
Dazu haben die Projektpartner einen cloudbasierten Meldekanal eingerichtet, über den die Medienpartner (in NRW ansässige Fernsehsender, Radiostationen und Zeitungen) Meldungen einstellen können, wenn auf ihren Plattformen strafrechtlich relevante Hasspostings auftauchen. Die Staatsanwaltschaft greift diese Sachverhalte auf und bearbeitet sie mit dem Landeskriminalamt oder den örtlichen Polizeidienststellen weiter. Wie bei diesem Fall: Eine Beschuldigte hatte dazu aufgerufen, syrische Migranten an der Grenze zu erschießen. Sie wurde zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung und einer Geldauflage von 1.500 Euro verurteilt.
Entgegen der Vermutung vieler Nutzer*innen, fallen bei Hass im Netz also durchaus hohe Strafen an. So kann eine Beleidigung im Internet mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden. Bei einer Volksverhetzung sind sogar bis zu fünf Jahre möglich. „Unser Projekt ‘Verfolgen statt nur Löschen’ zeigt, dass strafrechtlich relevante Kommentare erfolgreich verfolgt und verurteilt werden können. In den vergangenen Jahren konnten wir eine Vielzahl von Beschuldigten ermitteln und Urteile von Geldstrafen bis hin zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung erwirken”, sagt Christoph Hebbecker.
Technischer Fortschritt: Fluch und Segen zugleich
Der stetige Wandel und technische Fortschritt sind für die ZAC NRW Fluch und Segen zugleich. Gerade jetzt, wo Künstliche Intelligenz für jedermann zugänglich geworden ist, ergeben sich neue Herausforderungen. Es kommt vermehrt zu Betrugsmaschen mithilfe künstlich erzeugter und täuschend echt wirkender Bild-, Audio- oder Videoaufnahmen. Und auch Identitätsmissbrauch zu kriminellen Zwecken wird immer öfter begangen.
Doch die rasante technische Entwicklung hat auch Vorteile, weiß Staatsanwalt Hebbecker: „KI kann im Bereich der Strafverfolgung gerade bei Massendatenphänomenen von entscheidender Relevanz sein. Wir setzen sie unterstützend ein, etwa bei der forensischen Datenanalyse oder der digitalen Spurensicherung. Auch im Bereich der digitalen Hasskriminalität ist ein sinnvoller Einsatz denkbar. Letztlich muss aber immer der Mensch und nicht die Maschine entscheiden, ob ein Posting noch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist oder bereits eine Straftat darstellt.”
Technologie ersetzt nicht Erfahrung und gemeinsames Engagement
Technik kann die Behörden bei der Strafverfolgung unterstützen. Doch um die Prävention von Hass im Netz weiter voranzutreiben, spielt das öffentliche Bewusstsein eine wichtige Rolle, ist der Pressesprecher der Zentralstelle Cybercrime NRW überzeugt: „Ganz entscheidend ist die Sensibilisierung für das Thema. Wir müssen nicht nur deutlich machen, dass die Regeln für den Umgang miteinander in der digitalen Welt genauso gelten wie in der analogen, sondern auch, dass wir den Anspruch und die Möglichkeiten haben, die Einhaltung dieser Regeln genauso durchzusetzen”.
Initiativen wie die der Telekom und das Projekt ‘Verfolgen statt nur Löschen’ seien wichtig, so Hebbecker, denn: „Eine wirksame Bekämpfung von Hass im Netz kann nur gemeinsam gelingen. Die Strafverfolgung ist dabei ein wichtiger Baustein. Aber ohne Kooperationen mit Akteuren aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft wird es keinen nachhaltigen Erfolg geben.”
Gegen Hass im Netz
Die Telekom kämpft für ein Netz ohne Hass, in dem alle respektvoll miteinander umgehen.