4G und 5G im Huckepack: Das optimale Mobilfunknetz
Wer glaubt, mit dem Aufbau und dem Anschalten neuer Mobilfunkmasten und Antennen ist es getan, der irrt. Wir verraten, wie das Netz fortlaufend optimiert wird – und erklären, warum 4G dabei 5G huckepack nimmt.
Auspacken, einschalten, läuft – so schnell und unkompliziert wünscht sich das jeder von seinen technischen Geräten, vom Smartphone bis zum Fernseher. Aber auch beim Handy oder beim neuen OLED-TV muss nach der Inbetriebnahme noch einiges optimiert werden: ob das Einstellen der perfekten Bildqualität oder Herunterladen der Lieblings-Apps.
So ähnlich ist das auch beim Mobilfunk: Wenn ein neuer Standort für 4G und 5G frisch am Netz ist, beginnt für hochspezialisierte Techniker der Deutschen Telekom die Arbeit erst so richtig. Das sind die Netzoptimierer. Der Name ihres Jobs beschreibt genau, worum es geht: Sie kümmern sich darum, dass die Telekom-Kunden immer den schnellstmöglichen Mobilfunk mit der größtmöglichen Abdeckung nutzen können.
Gestatten, ich bin Netzoptimierer
Gerade das 5G-Netz der Telekom wächst derzeit mit enormer Geschwindigkeit. Über 67 % Prozent der Bevölkerung in Deutschland können bereits im schnellsten Netz surfen. Und auch der 4G-Ausbau geht ungebremst weiter. Dabei genügt es nicht, überall neue Antennen aufzustellen, ihre Software zu aktualisieren und sie anzuknipsen.
Christoph Lensch weiß, was vor und vor allem nach der Inbetriebnahme alles zu tun ist. Er ist bei der Telekom-Technik für „Radio Optimization“ zuständig. Er kann genau erklären, worum er und seine Kollegen in ganz Deutschland sich kümmern: „Wir bauen nicht nur irgendwo Stationen hin, und aktivieren irgendeinen Dienst drauf, sondern wir optimieren diesen Dienst, um das möglichst Beste herauszuholen.“
Dass Leistung, Abdeckung und Stabilität der Verbindungen optimal sind, überprüfen Telekom-TechnikerInnen wie Christoph Lensch nicht nur nach der Inbetriebnahme eines neuen Standorts. Sie kontrollieren und optimieren das Netz immer wieder routinemäßig und reagieren auch auf Hinweise oder Beschwerden von Kunden, die Probleme mit ihrer Mobilfunkversorgung haben.
So wird optimiert
Die Netzoptimierer sind zwar schon im Vorfeld der Inbetriebnahme an den Planungen beteiligt. Doch ihre Hauptarbeit beginnt tatsächlich nach dem Einschalten eines neuen Standorts. Techniker Lensch verrät den ersten Schritt: „Wir erfassen erst mal die Daten, die das Netz uns liefert.“ Mit umfangreichen Messungen wird die Leistung eines Standorts ermittelt. Das alles landet in detaillierten Berichten, die dann analysiert werden: „Was läuft gut, was läuft weniger gut? Wo können wir etwas verbessern? Können wir sogar die guten Sachen noch verbessern? Das ist ja auch immer unser Ziel.“
Beim Optimieren vor allem der Software stehen Christoph Lensch und seinem Team die verschiedensten Einstellungen und Parameter zur Verfügung: Wird ein Kunde früher oder später von einer neuen Zelle übernommen? Werden bestimmte Zellen zusammengefasst, oder auch nicht? Werden spezielle Funktionen aktiviert oder nicht?
Und wenn die neuen Einstellungen dann aktiv sind, müssen sie natürlich erneut gemessen und womöglich weiter optimiert werden. „Das ist immer so ein Kreislauf. Denn wenn man optimiert hat, wird geschaut, ob auch alles passt“, schildert Lensch.
Das Mobilfunknetz als Spinnennetz
Die große Herausforderung beim Optimieren ist die Struktur eines Mobilfunknetzes. Denn Änderungen an einer Stelle wirken sich auch direkt an vielen anderen Stellen aus. Optimierungs-Experte Lensch beschreibt es so: „Man kann sich das vorstellen wie bei einem Spinnennetz. Wenn man irgendwo zieht, bewegt sich alles. Das heißt, man ist bei der Optimierung auch immer ein bisschen in einem Zwiespalt.“
Extreme Einstellungen sind für das Technik-Team deshalb tabu. Denn wenn das Netz nur auf maximale Leistung und höchsten Durchsatz getrimmt wird, schrumpft die Reichweite, und es können nicht mehr so große Flächen abgedeckt werden. Und dann kann es auch passieren, dass Verbindungen abbrechen oder gar nicht erst zustande kommen. Ein Netz, das nur für maximale Abdeckung optimiert wird, schwächelt dagegen bei Leistung und Tempo. Hier müssen die Technikerinnen und Techniker mit viel Fingerspitzengefühl die idealen Einstellungen austüfteln.
4G, 5G und das Huckepack-Prinzip
Hauptaufgabe von Christoph Lensch ist derzeit das Optimieren der neuen 5G-Standorte. Er erklärt: „5G ist ja noch sehr sehr jung und frisch. Und deswegen haben wir noch nicht so viele Kunden im Netz, die uns die Performancedaten liefern, die wir brauchen.“
Deshalb arbeiten die Optimierer bei 5G mit einigen Tricks, um trotzdem an die erforderlichen Daten zu kommen. Sie bauen beispielsweise Messboxen in Taxis ein, die naturgemäß viel unterwegs sind – und die deshalb die Qualität der 5G-Abdeckung an den verschiedensten Standorten besonders gut erfassen können. Aber auch in Sachen 5G werden die Möglichkeiten, das Netz zu optimieren, immer besser. Denn es sind immer mehr Kunden im neuen Netz unterwegs. Außerdem liefern die Netzwerkausrüster ständig verbesserte Software-Versionen.
Und auch die Endgeräte, in aller Regel also Smartphones, „können immer mehr, lernen immer mehr“, so Lensch. Denn auch bei iPhone, Samsung Galaxy & Co. handelt es sich um die erste Generation der 5G-Handys. Und die neuen Smartphones werden weiter optimiert – nicht zuletzt beim Zusammenspiel von 4G (LTE) und 5G. Denn genau genommen ist 5G derzeit noch gar kein eigenes, autarkes Netz, sondern wird von 4G quasi huckepack genommen. Das wird auch noch eine Weile so bleiben.
Die Sache mit dem Anchoring
5G steht derzeit ganz am Anfang seiner Entwicklung. Funktionen und Tempo werden künftig noch drastisch zulegen. Damit die Kunden schon jetzt im schnellsten Netz surfen können, nutzen die Telekom und Provider weltweit momentan eine Brückentechnologie, das Anchoring. Dabei sorgt 5G für die schnellen Datenverbindungen. Aber der Verbindungsaufbau und einige andere Funktionen erfolgen nach wie vor über 4G.
Damit setzt 5G auf der Systemarchitektur von 4G auf. Das bedeutet: Das 4G-Netz funktioniert auch ohne 5G – aber das 5G-Netz nicht ohne 4G. Beim Huckepack-Prinzip wirft eine 5G-Frequenz quasi einen Anker zu einer 4G-Frequenz – und lässt sich von ihr ins Netz schleppen. So dienen 4G mit 1.800 MHz und mit 2.600 MHz beispielsweise als Anker für das besonders schnelle 5G mit 3.600 MHz.
Aber das Anchoring funktioniert noch nicht unter allen Frequenzen. „Wir haben momentan noch Endgeräte im Netz, die können bestimmte Anker gar nicht unterstützen“, weiß Experte Lensch. 4G mit 1.800 MHz als Anker für 5G mit 2.100 MHz ist beispielsweise bei vielen Smartphones derzeit noch nicht möglich – weil die Frequenzen zu nah beieinander liegen. Deshalb empfängt momentan selbst an Stellen mit 5G-Versorgung noch nicht jedes Endgerät 5G. Hier haben die Netz-Optimierer einen Kniff gefunden, der Abhilfe schafft: das so genannte Inter-Site-Anchoring.
Wie das genau geht, erfahrt ihr im Video:
5G-Test in Düsseldorf: Warum streamt es am Rhein so schön?
Ein neues Netz schaltet man nicht einfach an. Da muss einiges an Optimierungsarbeit geleistet werden, damit Endgerät und Antenne reibungslos zusammenspielen. Wir haben den Netz-Optimierern in Düsseldorf über die Schulter geschaut und erfahren, was zu Unterschieden bei Datenraten führt.