Wer bin ich online?
Menschen streben nach Wahrnehmung, nach sozialer Anerkennung und Bestätigung. Ein Lob für eine gute Leistung, ein Kompliment für die neue Frisur – wem gefällt das nicht? Die digitale Welt schafft den idealen Rahmen hierfür und ist zu einem Ort geworden, an dem das durch Klicks und Likes schnell und einfach möglich ist. Doch warum wollen wir immer mehr davon? Was passiert, wenn wir den Stimmen aus dem Netz zu viel Bedeutung schenken? Wer sind wir, wer wir online sind?
Laut Digital Report 2021 sind 66 Millionen Deutsche in den sozialen Medien aktiv, etwa 1,5 Stunden täglich. Häufig sind sie mehr als nur Nachrichtenquelle: Sie sind ein Raum für Austausch, Meinungsbildung, Selbstdarstellung und Selbstfindung. Gerade bei jungen Menschen spielen Facebook, TikTok und Co. eine große Rolle für die eigene Sozialisation. Sie sind auf der Suche nach Vorbildern, ihre Persönlichkeit muss sich erst noch entwickeln und festigen.
Im Netz bestimmen wir selbst, wer wir sind
Mehr als im realen Leben, können wir in der digitalen Welt selbst bestimmen, wie wir wahrgenommen werden und was wir mit anderen teilen wollen. Auch, welche Daten wir von uns preisgeben oder wie weit wir gehen wollen liegt in unserer Kontrolle. So können das Netz und die sozialen Medien uns helfen, unsere eigene Persönlichkeit zu finden, zu entwickeln und zu entfalten. Zum Beispiel, indem wir uns mit Menschen vernetzen, die in einer ähnlichen Lebenssituation sind und bei ihnen Rat und Unterstützung finden. Oder indem wir Communities und Gruppen beitreten, die die gleichen Interessen oder Hobbies teilen. Dabei lässt die Vielzahl unterschiedlichster Gruppen auch den Blick über den eigenen Tellerrand zu und sensibilisiert so für Meinungsvielfalt und demokratische Werte.
Wenn die Gier nach Anerkennung und Bestätigung süchtig macht
Aber es gibt auch Schattenseiten: Machen uns heute noch 100 Likes glücklich, reichen sie uns morgen schon nicht mehr aus. Wir streben nach mehr. Garantiertes Feedback, Anerkennung und die permanente Bestätigung der eigenen Meinung wirken wie eine Droge. Wir erhalten die soziale Anerkennung, für die wir fast alles tun würden. Wir eifern den anderen nach, wollen so perfekt sein wie sie und fühlen uns schlecht, wenn wir es nicht sind.
So wie uns die digitale Welt die Möglichkeit für selbstbestimmte Entfaltung gibt, so nimmt sie uns auch unsere Maßstäbe aus der realen Welt: Sie enthemmt. Die Wissenschaft spricht dabei vom „Online Disinhibition Effect“ (deutsch: Online-Enthemmungseffekt). Gemeint ist, dass wir durch die Anonymität des Internets in Chats oder Kommentaren viel schneller die Selbstbeherrschung verlieren. Entweder weil wir dort ohne Scheu unser wahres Gesicht zeigen können oder weil wir uns dazu verführen lassen, uns viel extremer zu verhalten, um anderen zu gefallen oder Aufmerksamkeit zu bekommen. Werden wir selbst zum Opfer von Hass, Hetze und Beleidigungen verursacht es großes Leid und Schmerz. Wir stellen unser Selbstbild in Frage und beginnen uns im schlimmsten Fall so zu verändern, wie wir glauben, dass die anderen uns haben wollen – wie das Netz uns haben will.
Verstehen, wie die digitale Welt funktioniert
Nicht nur bei jungen Menschen nehmen die sozialen Medien einen hohen Stellenwert ein. Für viele sind sie längst zum täglichen Begleiter geworden. Doch wer von uns nimmt sich die Zeit, sich kritisch zu hinterfragen, wer wir online sein wollen, welchen Stellenwert wir den sozialen Medien geben oder warum wir so sehr nach Anerkennung im Netz streben?
Auch deswegen macht sich die Telekom mit verschiedenen Initiativen und gemeinsam mit Partnerorganisationen für mehr Medien- und Demokratiekompetenz stark. Wer versteht, wie die digitale Welt funktioniert und wie sie wirkt, kann viel stärker von ihr profitieren, ihre Vorteile für sich nutzen und sie zu einem Ort machen, an dem alle sich wohlfühlen.
Wenn sich im Kundenservice Hass entlädt
Läuft die Technik nicht so wie sie soll, ist das ärgerlich. Frust staut sich an und sucht sich an der Kundenhotline oder in Hilfe-Foren im Netz sein Ventil. Auch bei der Telekom werden Kundenberater*innen persönlich angegriffen, beleidigt, bedroht. In dieser Folge Digital Crime gehen wir der Frage nach, wie und warum Kund*innen zu Hater*innen werden.