Hass im Netz bringt Jugendliche zum Schweigen
Jugendliche leiden unter Hass im Netz - und verstummen. Das legt die Sonderbefragung „JIMplus 2022″ zu Hatespeech und Fake News nahe. Danach gab jede*r dritte Befragte an, die eigene Meinung nicht mehr öffentlich zu posten. Grund dafür ist die Angst vor negativen Kommentaren. Die Studie zeigt außerdem, dass viele junge Menschen Hass und Fake News zwar wahrnehmen, aber nur selten etwas dagegen unternehmen.
Die im Juli 2022 veröffentlichte Zusatzstudie zur Studienreihe Jugend, Information, Medien (JIM), zeigt: Jugendliche stoßen im Internet regelmäßig auf Fake News und Hatespeech. Für die Untersuchung wurde eine qualitative Untersuchung durchgeführt und im Juni 2022 eine repräsentative Online-Befragung mit Zwölf- bis 19-Jährigen in ganz Deutschland. Nach der Erfahrung der Befragten richtet sich der Hass insbesondere gegen die Sexualität sowie gegen die Körperform oder Hautfarbe von Menschen. Die häufigste Reaktion auf menschenverachtende Postings ist Wut. Fast die Hälfte der Befragten hat das Bedürfnis einzugreifen. Aber die Wenigsten tun es. Zwei Drittel sagt von sich, Hatespeech meist zu ignorieren und gar nicht zu reagieren.
Hatespeech schränkt die Meinungsvielfalt online ein
Dass Hass im Netz die Gesellschaft und auch das eigene Handeln beeinflusst, nehmen Jugendliche deutlich wahr. 57 Prozent sind der Meinung, dass Hatespeech die Meinungsfreiheit online einschränkt. Viele junge Menschen verstummen: 40 Prozent der Befragten gaben an, Freund*innen zu haben, die sich wegen Hasskommentaren weniger an online Diskussionen beteiligen. Und ein Drittel postet aus Angst vor negativen Reaktionen die eigene Meinung gar nicht mehr öffentlich.
Mehrheit nimmt Hatespeech als Gewalt wahr
Kein Wunder, denn Hatespeech wird von drei Viertel der Mädchen und rund 60 Prozent der Jungen als Gewalt wahrgenommen. Wenn sie selbst oder jemand aus dem direkten Umfeld zum Ziel von Hass im Netz werden, reagieren die Jugendlichen allerdings aktiver als im öffentlichen Kontext. Im privaten Umfeld verarbeiten sie Hass mit nahestehenden Personen, blockieren die Absender*innen, stellen diese online zur Rede oder melden Hass-Postings auf der Plattform.
Jede*r Zweite fragt bei Fake News im Zweifel die Eltern
Auch Fake News – von den Befragten definiert als vorsätzlich im Internet verbreitete falsche Informationen – haben bereits 80% der Befragten wahrgenommen. Besonders in Bezug auf Corona und Personen des öffentlichen Lebens nehmen die Befragten bewusste Desinformation wahr. Ob eine Nachricht stimmt oder nicht, messen sie vor allem daran, ob auch andere Quellen darüber berichten. Jede*r Zweite fragt im Zweifel die eigenen Eltern, ob Inhalte stimmen können oder eher fragwürdig sind.
Insgesamt zeigt sich angesichts der hohen Alltagsrelevanz von Fake News und Hatespeech die Bedeutung eines kompetenten Umgangs mit problematischen Inhalten im Netz. Die Vermittlung von Medienkompetenz wird immer wichtiger. Mit unseren Partnerorganisationen, unserer eigenen Initiative Teachtoday sowie dem altersgerechten Kinder- und Jugendmagazin Scroller wollen wir zur Aufklärung, Bildung und Vermittlung von digitaler Zivilcourage beitragen.
Die ausführlichen Studienergebnisse sind als Chartbericht unter www.mpfs.de abrufbar.