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Digitale Phänomene im Netz: Sprache wirkt

Sie ist täglich im Einsatz, ob gesprochen oder geschrieben: unsere Sprache. Vor allem in der digitalen Welt ist das geschriebene Wort wichtigstes Instrument zur Verständigung. Sprache beeinflusst uns, nicht nur positiv. 

„Herzlichen Dank für Deinen Kommentar!“ oder „Dein Hinweis gibt uns eine neue wertvolle Perspektive“ – Hand aufs Herz: Wem sind solche Aussagen in Kommentar-Spalten in den sozialen Medien schon begegnet? Wahrscheinlich niemanden. Oder wenn doch, äußerst selten. Dabei wäre ein Candystorm, also ein Kommentar-Regen mit ausschließlich wertschätzendem Zuspruch, eine gute Abwechslung zu den sonst mit Hass, Beleidigungen und Bedrohungen gefüllten Kommentarspalten. Die Macht von Sprache ist groß und wird gerade im Netz oft unterschätzt. Über 90% des Denkens läuft unbewusst ab und damit auch viele unserer Handlungen, Bewertungen und Entscheidungen. Wir assoziieren positive und negative Emotionen mit Begriffen und bilden daraus unser Wertegerüst. Wer Sprache gezielt einsetzt, kann also unser Denken und Verhalten beeinflussen. Und kann uns manipulieren. Eine Gefahr, die noch deutlicher wird, wenn wir uns bewusst machen, dass die sozialen Medien immer stärker als Nachrichtenquelle genutzt werden. Erst recht in einem Wahljahr wie 2021.

Candystorm

Ein Candystorm wäre eine gute Abwechslung zu den sonst mit Hass, Beleidigungen und Bedrohungen gefüllten Kommentarspalten.

Über welche sprachlichen Phänomene im Netz sprechen wir?

Hate Speech, also Hassrede, steht für strategisch eingesetzten Hass. Dieser richtet sich gezielt gegen Personengruppen, zum Beispiel aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe oder ihrer Rolle in der Öffentlichkeit und ist oft politisch motiviert. Das Ziel: abwerten, bedrohen, zum Schweigen bringen. Die Betroffenen sollen aus den digitalen Medien verdrängt werden, ihre Stimme soll verschwinden. Das nennt man Silencing. 

Counter Speech: Eine Gegenstrategie zu Hate Speech ist Counter Speech, also Gegenrede. Das Ziel: den digitalen Raum nicht den Hatern überlassen, sondern sich für Menschenrechte und damit für eine demokratische Gesellschaft einsetzen. Counter Speech greift häufig auf Fakten zurück, argumentiert sachlich und will den Diskurs wieder auf ein konstruktives Level zurückführen. Beim Einsatz von Ironie und Humor sollte man vorsichtig sein. Da Gestik und Mimik fehlen, können Missverständnisse entstehen.

Love Speech ist eine Form von Counter Speech, zu der auch der Candystorm gehört. Es geht darin um eine wertschätzende, offene und freundliche Haltung. Diese spiegelt sich auch in der Sprache im Netz wieder. 

Clickbaiting: Ein sogenannter Clickbait besteht in der Regel aus einer reißerischen Überschrift – nicht selten in Kombination mit einem Bild. Lesenden wird gerade genügend Informationen gegeben, um neugierig zu werden, aber nicht ausreichend, um diese Neugier auch zu befriedigen. Mit Clickbaiting fängt man Lesende in einer überfüllten Informations-Welt. Ein Phänomen, dass nicht nur in der Werbung funktioniert, sondern auch, um Fake News zu verbreiten oder Diskurse zu stören.

Warum hat Sprache im Netz solche Macht?

Wer sich in den Kommentarspalten der sozialen Medien aufhält, stellt schnell fest, dass der Ton rau und hart geworden ist. Ganz schnell folgt ein Kommentar dem anderen und eine Beleidigung der nächsten. Warum verhalten wir uns in der digitalen Welt anders als offline? Der amerikanische Psychologe John Suler nennt dieses Phänomen den „Online Disinhibition Effect“, also Online-Enthemmungseffekt. Menschen agieren im Netz unbefangener und verlieren ihre Selbstbeherrschung, weil sie sich durch die Anonymität in der digitalen Welt geschützt fühlen. Es fehlt ihnen die unmittelbare Reaktion des Gegenübers. Ein Nährboden für Hate Speech entsteht.

Besonders das Instrument der Wiederholung wirkt wie ein Verstärker. Wer Botschaften wieder und wieder hört, schenkt ihnen immer stärker Glauben. Selbst wenn es eine Lüge ist. Der gleiche Effekt tritt ein, wenn wir uns eine Meinung über eine bestimmte Person bilden. Haben mehr als 30 Prozent der Botschaften über die Person eine negative Tendenz, werden wir dieser Person gegenüber misstrauisch. Sind wir uns zusätzlich noch der Neutralität unserer Quellen sicher oder sind es verschiedene Quellen, aus denen wir diese Informationen beziehen, wird es noch schwieriger sich dem zu entziehen. 

Sprache wird auch gezielt eingesetzt, um in Posts und Kommentaren Ängste zu schüren. Das beeinflusst unser Weltbild. Populistische Strömungen machen sich das zu Nutze. Ihre Aussagen sind darauf ausgelegt zu banalisieren, die eigene Gruppe besonders hervorzuheben und Unterschiede zu Anderen zu betonen. So verschieben sie die Grenzen des Sagbaren. Das treibt einen Keil in die Gesellschaft und schadet unserer Demokratie. 

Was können wir tun: Sensibel sein!

Jeder kann aktiv werden, um der Manipulation durch Sprache entgegenzuwirken:

  • Sensibel und kritisch sein: Welche Ziele werden mit einer bestimmten Wortwahl verfolgt?
  • Quellen prüfen: Wer ist Absender, welche Interessen werden vertreten?
  • Hass nicht stehen lassen und Position beziehen.
  • Auf eigene Wortwahl achten: Kann mein Kommentar falsch verstanden werden? 

Sprache beeinflusst unser Denken, damit unsere Haltung und unser Handeln. Ein Ausdruck unserer Handlung ist dann beispielsweise der Gang zur Wahlurne, mit dem wir auf politische Entwicklungen Einfluss nehmen. Sprache kann inspirieren und den eigenen Horizont erweitert. Sie kann aber auch manipulieren und die Gesellschaft spalten. Die digitale Welt ist ein Motor für beides. 

Nicht nur durch Sprache wird versucht, uns im Netz zu beeinflussen, sondern auch mit einer Reihe technischer Mittel. Damit befassen wir uns im nächsten Teil unserer Serie „Digitale Phänomene im Netz“!

Mehr über die Kampagne #gegenhassimnetz erfahren Sie hier.

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Gegen Hass im Netz

Die Telekom kämpft für ein Netz ohne Hass, in dem alle respektvoll miteinander umgehen.

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