So entsteht ein neuer Mobilfunkmast - es dauert nur wenige Stunden
In Sachen Digitalisierung läuft immer mehr mobil. Mit 5G steht eine neue Kommunikationswelt offen, die einen weiteren Quantensprung in der Nutzung bringen soll. 5G ermöglicht die Vernetzung der Maschinen wie auch selbstfahrender Autos. Damit es funktioniert, braucht es ein noch besseres Mobilfunknetz, und es braucht mehr und auch neue Standorte.
Die zu finden, aufzubauen und ins Netz zu bringen, wird mitunter zu einem Langstreckenlauf für die Netzbetreiber und zur Geduldsprobe für jene Menschen, die auf eine bessere Mobilfunkabdeckung warten. Ein Beispiel: Friedrichshafen-Ailingen.
Martin Boßdorf hält einen dicken Aktenordner in der Hand. Hier hat Boßdorf, Manager für Planung und Bau der Deutschen Funkturm, nur die wichtigsten Informationen abgeheftet. Die Zahl der Telefonate und Mails, die es bisher gebraucht hat, hat er nie gezählt. Sein Auftrag war es, für die Deutsche Telekom in Ailingen einen neuen Standort zu errichten, der die Gemeinde mit LTE versorgen soll. Heute wirkt er aufgeräumt, denn es ist geschafft: Ab Mitte April funken die Antennen in alle Richtungen und mit allen Techniken. Mit GSM, UMTS und eben LTE. Die Antennen waren schon lange montiert, jetzt ist auch die Einbindung des Standortes in die Netzstruktur der Telekom gelaufen, jede Zelle muss optimal mit anderen zusammenwirken, damit etwa ein Gespräch im Auto ohne Abbrüche funktioniert, selbst wenn ein Porsche mit Tempo 200 von einer Mobilfunkzelle zur nächsten dahinfliegt.
Wegen der Komplexität dieser Einbindung wird übrigens nicht jeder neue Standort unmittelbar nach Fertigstellung in Betrieb genommen, zu einem Tag X, dem Tag der sogenannten Netzdefinition, werden hingegen gleichzeitig viele Standorte eingeschaltet.
Neuer Mast: Der Bau ist nicht das Problem
All das wussten natürlich die meisten der Spaziergänger nicht, die in Ailingen seit September ihre Runden rund um den Turm drehten und sich wunderten, warum sie immer noch kein LTE nutzen konnten. Für viele scheint der Aufbau des Turms tatsächlich die Mammutaufgabe, dabei ist die in wenigen Stunden erledigt, wenn Profis Hand anlegen. Das eingespielte Team der Firma Europoles GmbH & Co. KG aus Neumarkt brauchte für den fast 40 Meter hohen Turm in Ailingen nur ein paar Stunden. Jeder Handgriff saß. "Es ist ein Routinejob für uns", sagt Diplom-Ingenieur Wolfgang Weiss, "einen solchen Turm stellen wir jede Woche auf."
Mehr Zeit braucht es vorher und nachher, ehe die Mobilfunkantennen funken. Vorher bei der Suche nach dem geeigneten Standort. Dann muss noch eine Baugenehmigung her und das Fundament gerichtet werden. Alles das dauert mitunter viele Monate.
Und nachher müssen noch die Antennen ausgerichtet und eingestellt werden. Und zwar exakt so, wie es in der Genehmigung der Bundesnetzagentur geregelt ist. Der Turmbau ist deshalb nur eine Facette des Ganzen. "Wir haben bereits vor drei Jahren im Auftrag der Telekom mit der Suche nach einem neuen Standort begonnen", erklärt Boßdorf. "Wir suchten Ersatz für einen anderen Sender auf einem Gebäude, das abgerissen werden sollte." Doch die Suche entpuppte sich als dickes Brett. Mehrfach mussten geeignete Standorte zu den Akten gelegt werden, weil die Anmietung nicht möglich war.
Schließlich hatte man einen Platz gefunden, doch der lag nahe am Bodensee. Und deshalb in einem landschaftlich sensiblen Bereich. Die Naturschutzbehörde verlangte die Einhaltung mehrerer Auflagen, sie wollte unbedingt bei der Gestaltung des Mastumfeldes ein Wörtchen mitreden. Eine Eingriffs- und Ausgleichsbilanz musste her. Im Klartext: Folgen für Flora und Fauna wurden zunächst untersucht. Dann musste ein Ausgleich dafür geschaffen werden. Ergebnis: Neuanpflanzungen von Sträuchern. Ginster verwöhnt seither die Haubenlerche und Co.
Genehmigungen nehmen viel Zeit in Anspruch
Doch damit nicht genug. Auch die Flugsicherung schaltete sich ein. Der Mast liegt in der Nähe des Flugfeldes. Die Deutsche Funkturm reagierte mit einer weithin sichtbaren Kennzeichnung des Mastes. Rote Bänder und Signalleuchten warnen jetzt jeden Flugkapitän.
Weitere Hindernisse blockierten dann den Bau. Rund um Friedrichshafen werden noch heute viele Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. Ein neues Gutachten, ein Job für eine Fachfirma.
Doch, wie gesagt, Martin Boßdorf hat die Akte Friedrichshafen-Ailingen jetzt schließen können. Allerdings in der Gewissheit, dass der Netzaufbau für 5G noch so manche Herausforderung bringen wird.