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Pascal Kiel

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Notfall-Mobilfunk: Erste Hilfe aus dem Weltall

„Like a Satellite“ – mit diesem Lied hat Lena Meyer-Landrut 2010 Europa begeistert und den Eurovision Song Contest für Deutschland gewonnen. Im Text der damals 18-Jährigen ging es um eine romantische Liebeserklärung. Bei der Deutschen Telekom haben Satelliten gerade einen ganz neuen Einsatzzweck, als Nothilfe, wenn irgendwo im Land blitzschnell ein Mobilfunknetz aufgebaut werden muss. Das ist nicht so romantisch wie einst bei Lena – funktioniert aber mittlerweile so vielversprechend, dass es auch schon eine Liebeserklärung verdient. Wir verraten, was hinter dem Notfall- oder SOS-Mobilfunk steckt und wie er funktioniert.

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Die Telekom versucht, einen Mobilfunkstandort über Satellit anzubinden, um in Notfällen schneller zu werden.

DRM: Die schnelle Eingreiftruppe der Telekom

Nach einer Katastrophe, zum Beispiel einer großen Flut wie 2021 im Ahrtal, ist es häufig erforderlich, schnell wieder Telefon, Internet und Mobilfunk zur Verfügung zu stellen. Idealerweise dauert das dann nicht Tage, sondern nur Stunden. In solchen Fällen kommt das Telekom-DRM zum Einsatz. Das Kürzel steht hier für „Disaster Recovery Management“. Diese Spezialist*innen der Deutschen Telekom eilen mit Lastwagen und Transportern an den betroffenen Ort, auf denen „Notfalltechnik“ oder auch ganz volkstümlich „Funkloch-Stopfer“ zu lesen ist. Denn genau darum geht es: Wo sich plötzlich ein Funkloch auftut, weil zum Beispiel Masten umgestürzt sind, soll das Loch schnellstmöglich geschlossen werden, damit die Menschen vor Ort wieder kommunizieren können.

Mobilfunk per Satellit

Mit ihrer Ausrüstung sind die Expert*innen des DRM in der Lage, beinahe überall in Deutschland innerhalb weniger Stunden ein Mobilfunknetz aufzubauen. Dabei geht das Disaster Recovery Management gerade ganz neue Wege, von denen Senior Operator Rolf Schmidt berichtet: „Wir versuchen, einen Mobilfunkstandort über Satellit anzubinden – und nicht klassisch über Kupfer, Glasfaser oder Richtfunk.“ Der Grund ist naheliegend: „Wir wollen in Notfällen schneller werden. Und da ist eine Satellitenanbindung schon recht brauchbar.“ An der Testlocation für den Pilotversuch sind nur eine 1,20 Meter große Satellitenschüssel auf einem Anhänger und ein Container mit Mobilfunktechnik zu sehen. Mehr Ausrüstung ist nicht nötig, um die Nutzer*innen in der Umgebung wieder ins mobile Internet zu bringen. Denn die Gegenstelle für diese Anbindung ist permanent in Betrieb, an der Erdfunkstelle der Telekom im unterfränkischen Fuchsstadt. Von dort aus läuft der Datenverkehr mit dem Satelliten im Weltall. Der Container dient dabei als sogenannter BTS, eine Base Transceiver Station, auf Deutsch Basisstation.

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Rolf Schmidt, Senior Operator, Disaster Recovery Management.

Notfallversorgung: Satellit vs. Richtfunk

So eine SOS-Mobilfunkanlage kann zwar sehr schnell ein mobiles Netz in die Umgebung abstrahlen. Aber die Versorgung funktioniert natürlich nur, wenn die Daten der Nutzer*innen ins Telekom-Netz abtransportiert werden können. Der Notfallcontainer braucht also eine Anbindung. Und weil selbst das provisorische Verlegen von Glasfaser relativ lange dauert, ist hier Richtfunk eigentlich das Mittel der Wahl. Aber Katastrophenhelfer Schmidt kennt die Grenzen und Einschränkungen dieser Technik: „Richtfunk kann schon sehr schnell sein. Aber wir müssen beim Richtfunk Genehmigungsverfahren der Bundesnetzagentur durchlaufen. Und wir müssen erst mal sehen, ob es überhaupt eine geeignete Richtfunk-Gegenstelle gibt – und wenn es die gibt, wie aufwändig es ist, dort einen Richtfunk zu montieren.“ Auf der Sende- und Empfangsseite muss also an zwei Orten gearbeitet werden. Für die Menschen vor Ort, die dringend auf Versorgung warten, können so wertvolle Stunden oder gar Tage vergehen. Und, so Rolf Schmidt, „im schlimmsten Fall finde ich gar keine passende Gegenstelle.“ Die Satelliten-Anbindung erfordert dagegen nur freie Sicht zum Himmel. Und die ist wesentlich leichter zu finden als eine Richtfunk-Gegenstelle.

Telekom betreibt Grundlagenforschung

Im Moment betreiben Senior Operator Schmidt und sein Team praktisch noch Grundlagenforschung: „Wir haben das ja noch nie per Satellit gemacht – was zur Folge hat, dass wir erst einmal sehen mussten, ob sich unsere Technik über diesen Satellitenlink überhaupt mit dem Netz verbindet.“ Hier waren viele Fragen zu beantworten: Sind die Verbindungen dann überhaupt in den Systemen der Telekom sichtbar? Laufen sowohl Sprach- als auch Datendienste? Und wie schnell, wie zuverlässig funktionieren sie? Das alles hat gute Ergebnisse gebracht, wobei die Experten noch an vielen Stellschrauben drehen können, so Rolf Schmidt: „Wir haben bis jetzt ganz normale Standardparameter eingespielt, so wie wir jede andere Station auch in Betrieb nehmen – was aber für so einen Satellitenlink nicht unbedingt optimal ist.“ Hier können maßgeschneiderte Einstellungen für eine noch bessere Performance sorgen.

So funktioniert die Verbindung per Satellit

Neben dem 1,20 Meter großen Satellitenspiegel auf dem Anhänger sind Kästchen mit Sender und Empfänger zu sehen. Techniker Schmidt erklärt, warum: „Ich empfange ja nicht nur vom Satelliten, ich sende auch. Es ist eine bidirektionale Verbindung.“ Der Link geht also von hier nach Fuchsstadt, und von Fuchsstadt über den Satelliten wieder zurück hierher. Dabei kommt ein Offset-Spiegel mit nur 17 Grad Neigung zum Einsatz. Er muss also gar nicht so stark Richtung Himmel gestellt werden. Zwischenfazit des DRM-Operators: „Der Test läuft und der Link steht. Und er steht sogar recht gut.“

Von der Sat-Schüssel aus führen das Sende- und Empfangskabel beide in den Container und dort in ein Satellitenmodem. Von dort aus gelangt das Signal über weitere Zwischenstationen quer durch den Container zur BBU, zur Base Band Unit (Basisbandeinheit) – das ist dann wieder klassische Mobilfunktechnik. „Aus den Radiomodulen kommt dann am Ende das Hochfrequenz-Signal raus“, erklärt Rolf Schmidt. Normalerweise würde dieses Signal über eine hohe Antenne auf dem Dach des Containers die Umgebung mit Mobilfunk versorgen. Weil es in diesem Fall nur um einen Test geht, bleibt das Funksignal aber innerhalb des Containers und wird dort von den Experten ausgewertet.

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Von der Sat-Schüssel aus führen das Sende- und Empfangskabel beide in den Container und dort in ein Satellitenmodem.

Satelliten-Mobilfunk erweist sich als stabil

Mit Handy und Laptop überprüft Techniker Schmidt, wie schnell und stabil der Satelliten-Mobilfunk läuft. Die meisten Messungen ergeben zu 100 Prozent erfolgreiche Verbindungen – der Kontakt über Fuchsstadt funktioniert also. Der Speedtest ergibt noch recht überschaubare Geschwindigkeiten von 8,4 Megabit pro Sekunde im Download und 3,5 Mbit/s im Upload. Das hat damit zu tun, dass die Kapazität auf dem Satellitenlink beschränkt ist – und dass der Satellit in 36.000 Kilometern Höhe geostationär über unseren Köpfen schwebt. „Das heißt, wir müssen viermal diesen Weg machen“, erklärt Rolf Schmidt, „um dann quasi die Daten wieder zurück zu haben“. Doch in Sachen Tempo ist das letzte Wort sicherlich noch nicht gesprochen. Und außerdem steht beim Notfall-Mobilfunk maximale Geschwindigkeit nicht im Vordergrund.

DRM bringt Licht ins Mobilfunk-Dunkel

Wobei: Tempo ist bei den „Funkloch-Stopfern“ schon wichtig. Aber es kommt bei der Hilfe für die Betroffenen vor Ort mehr darauf an, schnell eine Versorgung auf die Beine zu stellen, als auf maximale Datenraten und auf YouTube mit 4K Bildauflösung. Da ist Senior Operator Schmidt mit dem aktuellen Tempo durchaus zufrieden: „Wir wollen ja in 24 Stunden möglichst schnell eine Versorgung haben. Und wir als Disaster Recovery Management versuchen, Licht ins Mobilfunk-Dunkel zu bekommen. Da kann es sein, dass das noch nicht ganz top ist. Aber wir können relativ schnell eine Versorgung herstellen.“ So sind Telefon, Datenverkehr und mit Einschränkungen auch Videostreams möglich. Und: „Diese Anlage bleibt nicht für immer stehen. Wir nutzen die Zeit, in der wir diesen Link hier haben, um eine Glasfaser- oder Richtfunkanbindung zu realisieren.“ Damit erhalten die Kunden dann wieder die gewohnt hohe Performance. Nach den vielversprechenden ersten Tests und nach weiteren Optimierungen, so Rolf Schmidt, „wird eine Entscheidung getroffen, ob wir so etwas dauerhaft fest etablieren wollen oder nicht.“ Lena Meyer-Landrut hätte jedenfalls 2010 durchaus auch über den neuen Satelliten-Mobilfunk der Deutschen Telekom singen können: „Like a Satellite, I'm in an Orbit all the Way around You“ – „Wie ein Satellit bin ich in einer Umlaufbahn rund um Dich“. Und wenn alles gut läuft, versorgt der Satellit bald Menschen in akuten Notlagen mit Internet.

Mehr zum Thema gibt's in diesem Video:

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Sandra Rohrbach

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