Usedom: Schnelles Internet für die Sonneninsel
Um die Insel Usedom mit Glasfaser zu versorgen, musste ein 900 Meter langes Stahlrohr unter dem Peenestrom eingezogen werden. Ein Vorort-Termin bei diesem enormen Bohr-Projekt war da natürlich Pflicht.
Usedom ist nicht nur die zweitgrößte deutsche Insel nach Rügen – sie ist auch die sonnenreichste Gegend Deutschlands. Durchschnittlich 1.900 Stunden pro Jahr strahlt hier an der südwestlichen Ostsee die Sonne. Im gesamten Bundesgebiet sind es im Schnitt jährlich nur 1.550 Stunden.
In Sachen Internet war Usedom bisher allerdings nicht gerade auf der Sonnenseite. Nur eine einzige Glasfaserleitung hat die Insel mit dem Festland verbunden – eine riskante Lösung. Die Telekom hat dieses Schattendasein jetzt beendet, mit einem zweiten dicken Glasfaserkabel auf der Südseite der Insel. Wir verraten, wie so eine Verbindung unter Wasser verlegt wird und wie die Menschen auf Usedom und ihre Feriengäste davon profitieren.
900 Meter Kabel unter dem Peenestrom
Der Peenestrom trennt Usedom vom Festland Mecklenburg-Vorpommerns. Und genau unter diesem Mündungsarm der Oder musste auch die neue, rund 900 Meter lange Glasfaserverbindung verlegt werden. Die Pipeline führt von Kamp auf dem Festland zum Hafen Karnin auf der Inselseite. „Usedom ist aktuell nur über einen Weg nördlich der Insel angebunden. Das heißt, wenn da eine Havarie passiert, ist die gesamte Insel kommunikationsmäßig tot“, sagt Marco Gerschler, Projektleiter der Telekom Technik.
Daher sie die neue Glasfaser-Anbindung so wichtig für die 76.500 Bewohner der Insel und ihre 1,5 Millionen jährlichen Feriengäste. Und weil es sich auf einem Bein bekanntlich schlecht steht, sorgt die Telekom rechtzeitig vor, so Projektleiter Gerschler: „Wir wollen diesen Havariefall nicht erst abwarten, sondern gleich im Vorfeld einen zweiten Weg auf die Insel bauen, im südlichen Bereich – so dass wir die größtmögliche Sicherheit für unsere Kunden haben.“
So funktioniert das Insel-Internet
Eine grüne Hornisse – das ist das Logo der riesigen Bohrmaschine namens „The Green Hornet“, die die Spezialisten der Firma Beermann Bohrtechnik aus NRW nach Kamp gebracht haben. Der Stachel der Hornisse besteht hier aber aus einem riesigen Bohrer – und das aus gutem Grund. Denn die „Green Hornet“ ist ein 250 Tonnen schwerer Gigant, der im sogenannten horizontal-gesteuerten Spülbohrverfahren den Kanal für die Glasfaserleitung unter dem Peenestrom hindurch treibt. Ein Bohrkopf frisst sich dabei vom Startpunkt horizontal bis zum Austrittspunkt auf der Insel durch. Eine Spülflüssigkeit sorgt dafür, dass Geröll abtransportiert wird der Bohrkopf gekühlt wird und gleichzeitig werden die Wände des Bohrkanal mit ihr stabilisiert. Auf dem Weg zurück zum Ausgangspunkt zieht das Bohrgestänge dann ein rund 17 Zentimeter dickes Rohr aus Stahl ein, durch das dann die Glasfaserleitung der Telekom verlegt wird.
„Wir müssen hier eine Strecke von über 900 Metern überbrücken. Die Bodenbeschaffenheit ist sehr unterschiedlich. Auf dem größten Teil der Strecke handelt es sich um eher weiche, schluffig-sandige Tone und auf der Inselseite erwarten wir sehr harten Geschiebemergel, der von eiszeitlichen Seitenmoränen dort abgelagert wurde. Daher haben wir hier auch einen Felsbohrer eingesetzt. Und der braucht natürlich eine bestimmte Spülleistung, damit er arbeiten kann, sagt Hans Oltmanns, Projektleiter der Firma Beermann. Der Bohrkopf meldet auf seiner unterirdischen Reise unentwegt mittels eines eingebauten Kreiselkompass-Ortungsgeräts, ob er auf dem richtigen Weg zum Ziel ist.
So gingen die Arbeiten voran
Das Ziel auf der Inselseite exakt zu treffen – das war die große Aufgabe für die grüne Riesen-Hornisse. Holger Neubauer, Gesellschafter der ebenfalls am Projekt beteiligten IBZ Bau aus Zeulenroda in Thüringen, gesteht im Nachhinein, dass das Anvisieren genau dieses Punktes durch die geologischen Gegebenheiten nicht ganz einfach war: „Wir hatten hier unterschiedliche Gesteinsschichten, die wir vom geologischen Gutachten her erwartet hatten. Aber wir haben etwas länger gebraucht und auch mehrere Anläufe, als geplant.“
Als endlich ein stabiler Bohrkanal errichtet war, konnten die Experten dann auch das Stahlrohr von der Insel Richtung Festland zurückziehen. Dafür wurde das rund 40 Tonnen schwere und über 900 Meter lange Stahlrohr mit einem Durchmesser von rd. 17 cm und einer Wandstärke von knapp 6 Millimetern an den Bohrer angekoppelt und durch die Pilotbohrung zur Festlandsseite hin zurückgezogen. Um Reibungskräfte sowie die Gefahr von Beschädigungen zu verringern, wurde das Stahlrohr, durch das später die Glasfaserleitungen der Telekom verlaufen werden, auf Rollenböcken gelagert. Das Stahlrohr wurde vor dem Einzug vor Ort auf einem Maisfeld aus Einzelstücken zusammengeschweißt und im Röntgen-Verfahren auf Dichtigkeit geprüft.
„Es war ein spannendes Projekt, und sehr herausfordernd“, blickt Bohr-Experte Neubauer auf die Arbeiten zurück. Durch das Stahlrohr, den so genannten Düker, verlegt die Telekom dann ihre Glasfaserleitung, die mit der Vermittlungsstelle Anklam auf der Festlandseite und mit der Vermittlungsstelle Usedom-Stadt auf der Insel verbunden wird.
Und was hat Usedom davon?
Ab Ende 2020 beginnt mit der zweiten Anbindung für die Sonneninsel eine ganz neue Internet-Ära. Telekom-Projektleiter Marco Gerschler erklärt die Vorteile: „Es gibt mehr Bandbreite für die Kunden und vor allen Dingen auch für die Touristen in diesem schönen Gebiet. Und über die neue Anbindung wird auch der 5G-Netzausbau auf der Insel bewerkstelligt.“
Denn: Über die neue Leitung fließen nicht nur die Daten aus dem Festnetz. Sie verbindet auch die Mobilfunkstationen auf Usedom mit dem Glasfasernetz der Telekom auf dem Festland. So sorgt die Deutsche Telekom für sonnige Zeiten in Sachen Insel-Internet – und das nicht nur 1.900 Stunden im Jahr, sondern rund um die Uhr.