Disaster Recovery Management: So fit ist die Telekom für Katastrophen
Naturkatastrophen können die Telefon- und Internetversorgung ganzer Landstriche lahmlegen. Damit Betroffene schnell wieder kommunizieren können, gibt es das Disaster Recovery Management.
Sommer 2013: Knapp 23 Billionen Liter Wasser stürzten laut Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes in der ersten Juni-Woche auf Deutschland herab. Die Folge: Ein Jahrhunderthochwasser an Donau und Elbe. Rekordpegelstände sorgten dafür, dass Menschen in ganzen Landstrichen ihr Hab und Gut verloren. Eine Katastrophe.
Natürlich wurden dabei auch die Betriebsstellen der Telekom in Mitleidenschaft gezogen, was für viele Menschen die Situation noch verschärfte. Denn wer im Katastrophenfall zum Hörer greift, möchte vor allem eines: Ein Freizeichen, das ihm eine einwandfreie Telefonverbindung signalisiert, um Angehörige und Freunde zu kontaktieren und zu erfahren, ob sie in Sicherheit sind. Oder um Hilfe anzufordern oder anzubieten.
Schnelle Hilfe organsierte sich über Social Media
Bei der Hochwasserkatastrophe 2013 kam zudem noch den sozialen Netzwerken und dem Internet eine Schlüsselrolle zu: „Suchen Helfer zum Sandsackauffüllen!“, „Brauche Hilfe beim Evakuieren meiner Tiere!“, „Schaufeln und Säcke, wohin?“ lauteten die Anfragen, „Komme“ oder „Sind mit vier Leuten unterwegs“ die Antworten. Über Hashtags wie #Elbehochwasser oder #Hochwasser2013 organisierten sich Freiwillige über Facebook, Twitter & Co. Hilfe wurde dorthin gebracht, wo sie dringend benötigt wurde.
Ohne stabiles Telekommunikationsnetz wäre all das undenkbar gewesen.
Dass die Kommunikationsfähigkeit auch in Katastrophensituationen wie dieser sichergestellt ist oder zumindest schnellstmöglich wiederhergestellt wird, dafür sorgt unter anderem das Team des Disaster Recovery Managements (DRM) der Deutschen Telekom. „Gerade im Katastrophenfall steigt der Kommunikationsbedarf stark an, sodass die Bedeutung eines stabilen, zuverlässigen Telefonnetzes noch wichtiger ist,“ sagt Jörg Gatenbröcker, der Leiter des DRM-Teams.
Noch einmal Rückblende in den Sommer 2013: Bad Schandau an der Elbe ist einer der Orte, denen das Hochwasser übel mitgespielt hatte. Der Fluss überflutete dort auch eine Telekom-Betriebsstätte. Sie war nicht mehr zu retten und musste aufgegeben werden. Totalausfall.
Trotzdem konnten die Bad-Schandauer nur drei Tage später wieder telefonieren und im Internet surfen. Wie war das möglich?
Digital Disaster Management im Einsatz
Das DRM-Team der Telekom hatte auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen Container hochwassergeschützt aufgestellt und so die verlorene Betriebsstelle ersetzt. Rund 8.000 Anschlüsse beheimatet diese "Ersatz-Betriebsstelle auf Stelzen". Möglich ist so etwas nur, wenn im Ernstfall jeder Handgriff sitzt.
Das Telekommunikationsgesetz und das Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetz verpflichten Unternehmen wie die Deutsche Telekom dazu, angemessene technische Vorkehrungen zum Schutz des Telekommunikationsnetzes zu treffen. Das DRM blickt deshalb auf mehr als 40 Jahre Erfahrung im Umgang mit Katastrophenmanagement zurück.
Die Telekom hält ein Großaufgebot von Technik an mehreren DRM-Standorten, verteilt über ganz Deutschland, bereit. Im Ernstfall kann das Team auf über zweihundert Container-, Shelter und Kofferlösungen mit Telekommunikationstechnik zugreifen. Dazu kommen Dutzende Fahrzeuge mit Kran- oder Antennenaufbauten und ein großes Repertoire an Zusatztechnik wie Anhänger, Netzersatzanlagen, Batterien oder Kabel. Das ist genügend Equipment, um theoretisch zwei Bereiche von bis zu 35.000 Anschlüssen mit Telefon, Mobilfunk und Internet versorgen zu können.
DRM: Zwischen Einsätzen wird geübt
All das geht natürlich nicht ohne die Menschen, die die Geräte bedienen. Das Experten-Team steht für den Notfall rund um die Uhr bereit, um in ein Katastrophengebiet für einen Recovery-Einsatz auszurücken.
Auch zwischen den Einsätzen geht die Arbeit nicht aus: Das Equipment muss stets die netzaktuellen Funktionen und Kapazitäten abdecken können. Es muss daher täglich gewartet, instand gehalten und aktualisiert werden. Und natürlich müssen auch die Teams entsprechend geschult werden.
Planungen: Wieder telefonieren können ist nur eine Frage von Stunden
Keine Vermittlungsstelle gleicht einer anderen. Sie unterscheiden sich zum Beispiel in der Zahl der angeschlossenen Kunden und der dort vorhandenen Technik. Darum ermitteln die Mitarbeiter des DRM im Katastrophenfall zunächst mit speziellen, selbst entwickelten Software-Tools alle zum "Nachbau" der verlorenen Betriebsstelle erforderlichen Maßnahmen: Welche Technik, Auslieferungsreihe und Aufbaufolge der Container oder Shelter werden benötigt? Welche Kabel- und Aufbaumateriallisten sind erforderlich? Welche Aufbau- und Transportfahrzeuge werden gebraucht? Die Planung geht hin bis zu Listen zur Anschaltung und Wiederinbetriebnahme der Kundenanschlüsse.
Die Folge dieses Vorgehens: "Je nach Tragweite des Ausfalls und der zerstörten Technik kann die Telekommunikationsfähigkeit des Kundenanschlusses bereits nach wenigen Stunden wiederhergestellt sein", erläutert DRM-Leiter Gatenbröcker.
Übungen: Damit jeder Handgriff sitzt
Doch die Planung ist nur der erste Schritt eines Einsatzes. Damit im Notfall alles wie in einem Uhrwerk abläuft, sind viele zentrale und dezentrale Übungen und Tests erforderlich. Daran ist dann keineswegs nur das DRM-Kernteam beteiligt: Jeder Einsatz muss mit den betroffenen zentralen und regionalen Einheiten abgestimmt sein.
Darum koordiniert das DRM der Telekom mit vielen Organisationseinheiten weit über zweihundert Notfall-Übungen im Jahr. Simuliert wird mal der Ausfall nur einer Sendeanlage, mal aber auch der einer kompletten Betriebsstelle. So können große Übungen schon mal mehr als drei Tage dauern und bis zu zweihundertfünfzig Mitarbeiter daran beteiligt sein. Dazu kommen eventuell noch diverse externe Firmenkräfte.
Ein extra Beobachter-Team sieht sich diese Übungen jeweils an und erstellt eine Liste mit Verbesserungen. So spielen sich DRM und andere Einheiten der Telekom ein und bleiben fit für den Notfall.
Einsätze: Das DRM hilft auch ohne Katastrophe
Sommer 2015: Sommer 2015: Die Gemeinde Wacken zählt rund 1.800 Einwohner – am ersten Wochenende im August wird das beschauliche Örtchen in Schleswig Holstein jedoch von über 75.000 Menschen überrannt. Heavy-Metal-Fans aus aller Welt teilen auf dem Wacken Open Air ihre Musikleidenschaft – und natürlich möchten sie dabei das tun, was mittlerweile selbstverständlich ist: mobil telefonieren, Nachrichten versenden, durchs Web surfen, Fotos und Videos verschicken oder in soziale Netzwerke hochladen.
Noch mal: 75.000 Fans. Fast alle haben ein Smartphone, fast alle setzen es ein.
Damit den Festival-Besuchern auch hier das bestmögliche Netz zur Verfügung steht, kommt wieder das DRM-Team zum Einsatz. In kürzester Zeit hebt es in Wacken die Mobilfunkversorgung für Telefon- und Internet vom üblichen Niveau der Gemeinde auf den Level einer mittelgroßen Stadt an.
Generell ist das DRM-Team in der veranstaltungsreichen Zeit von Mai bis September bei großen und mittleren Events wie dem Hurricane Festival in Scheeßel, dem Ritterturnier auf Kaltenberg der Rhein-Kirmes in Düsseldorf oder dem Oktoberfest in München im Einsatz. Auch bei Treffen politischer Größen aus aller Welt, wie auf dem G7-Gipfel in Elmau, wo ein mehrfach abgesichertes Kommunikationsnetz für die Organisatoren und die hochrangigen Teilnehmer ein "Muss" war.
Die "geplanten Katastrophen" sorgen zusätzlich dafür, dass das Team fit für den Ernstfall bleibt. "Ein rollender Stein setzt kein Moos an", sagt Jörg Gatenbröcker und lacht.