Glasfaser für die Fraueninsel - Vorbereitung für die Verlegung
Die Fraueninsel im Chiemsee bekommt Glasfaser - und das ist gar nicht einfach. Nicht nur wegen des Sees, auch wegen Linden, Bomben und Besuchern.
Der Chiemsee und das Surfen - das sind zwei, die zusammengehören. Bayerns größter See ist ein Eldorado für Wassersportler. Denn hier kommen kristallklares Wasser, perfekter Wind und ein fantastischer Blick auf die umliegenden Berge zusammen.
Auch das Internetsurfen wird nun auf der berühmten Fraueninsel mitten im Chiemsee besser. Für die Festnetzanschlüsse der Einwohner und ihrer vielen Gäste musste bisher Kupferkabel genügen. Doch das ändert sich jetzt. Denn seit Herbst 2019 arbeitet die Telekom an der Glasfaserversorgung der Fraueninsel mit extrem schnellen Gigabit-Anschlüssen.
Der Aufwand fürs Insel-Internet ist allerdings enorm. Denn für die Verbindung aufs Festland muss ein neues, 1,2 Kilometer langes Unterwasserkabel durch den Chiemsee verlegt werden.
Wir verraten, wie das schnelle Glasfasernetz reif für die oberbayerische Insel wird.
Warum die Fraueninsel FTTH bekommt
Die Fraueninsel ist die zweitgrößte der drei Chiemsee-Inseln. Im Gegensatz zur noch größeren und im Winter recht einsamen Herreninsel leben hier auf 15,5 Hektar Fläche ganzjährig rund 300 Menschen. Autoverkehr und sogar Fahrradfahren sind verboten. Dafür führt ein 1,5 Kilometer langer Fußweg rund um die Insel.
Ihren Namen hat die Fraueninsel vom Benediktinerinnen-Kloster Frauenwörth, in dem rund 30 Schwestern leben. "Gott ist die Liebe", lautet der Wahlspruch von Äbtissin Johanna Mayer.
Nicht ganz so groß ist die Liebe der Schwestern zu ihrer bisherigen Internetanbindung. Denn das Kupferkabel durch den Chiemsee stammt aus dem Jahr 1991. Und auch LTE stößt hier zunehmend an seine Kapazitätsgrenzen. Weil im Kloster das ganze Jahr über Gäste aus aller Welt zu Seminaren zusammenkommen, brauchen die Schwestern dringend schnelleres Internet - ebenso wie die anderen Einwohner und die Geschäftsleute auf der Fraueninsel.
Ein Projekt mit vielen Herausforderungen
Bereits 2018 hat die Telekom den Auftrag für die Glasfaseranbindung der Fraueninsel erhalten. Doch die Arbeiten konnten erst im Herbst 2019 beginnen.
Thomas Stecher, Baubegleiter der Telekom, erklärt die lange Dauer: "Das hatte mehrere Gründe. Zum einen dürfen wir wegen des Tourismus auf der Insel zu bestimmten Zeiten gar nicht bauen." Von Frühjahr bis Spätsommer würden die Arbeiten die vielen Gäste und Ausflügler auf der Fraueninsel stören. Und das wollen alle Projektbeteiligten möglichst vermeiden - zumal ein Teil der Leitungen direkt am idyllischen Rundweg verläuft, auf dem die Urlauber über die Insel flanieren.
Weitere Herausforderungen waren Umweltschutz und Sicherheit. So mussten zum Beispiel einige tausendjährige Linden bei der Verlegung weiträumig umgangen werden, um das Wurzelwerk nicht zu beschädigen. Und die gesamte Strecke musste auf Kampfmittelfreiheit geprüft werden. Denn die Insel wurde im Zweiten Weltkrieg bombardiert. Deshalb mussten die Verantwortlichen erst einmal sicherstellen, dass keine Blindgänger mehr im Boden liegen.
Von Ufer zu Ufer: der Düker für die Glasfaser
Das 1,2 Kilometer lange Seekabel führt von Gstadt am Chiemsee bis zu 25 Meter tief unter dem Wasser bis zum Ufer der Fraueninsel - ungefähr dorthin, wo die traditionsreiche Chiemseefischerei Thomas und Florian Lex zuhause ist. Dort stand bisher an einer Mauer ein alter Kupfer-Kabelverzweiger, der eingewachsen, moosbedeckt und technisch längst nicht mehr aktuell ist.
Direkt daneben bringt künftig ein neuer, hochmoderner Netzverteiler das schnelle Gigabit-Internet zu den Einwohnern der Fraueninsel und ihren Gästen. Von hier aus ist auch das Bohrgerät gestartet, das laut Baubegleiter Thomas Stecher "praktisch direkt in den See reinbohrt". Durch die Leitung führt dann das Glaserfaserkabel zum gegenüberliegenden Ufer nach Gstadt.
Mehrere Taucher und eine Hexe verlegen die Glasfaser
Auch auf der anderen Seite in Gstadt wird gebohrt. Die Breitband-Spezialisten der Bergert Group aus Sachsen haben dafür einen gewaltigen Bohrer mit 16 Tonnen Gewicht und einer Schub- und Druckkraft von 18 Tonnen an den Chiemsee verfrachtet. Geschäftsführer Daniel Bergert erklärt, was das Ditch Witch AT40 All Terrain-Horizontalbohrgerät auszeichnet: "Besonderheit der Maschine ist, dass sie beinahe jeden Boden bohren kann, durch Fels ebenso wie durch Sandboden."
Trotz seines Namens "Ditch Witch" ("Graben-Hexe") kann das gewaltige Gerät zwar nicht zaubern - sorgt aber dafür, dass sich Kabel durch jegliches Gelände verlegen lassen. Die Operation "Gigabit-Internet für die Fraueninsel" ist hochkompliziert. Bojen markieren den Verlauf der Abwasser-Ringleitung rund um den Chiemsee, die die Arbeiter keinesfalls beschädigen dürfen.
Taucher überwachen das Verlegen des Kabels unter Wasser. Und an den Ufern stecken die hauchdünnen, empfindlichen Glasfaserleitungen gleich in zwei Schutzhüllen - zunächst in einem 50 Millimeter dicken Schlauch, und dann außen auch noch in einer armdicken blau-grünen Hülle, dem sogenannten Düker. "So hat man den größtmöglichen Schutz für die Glasfaser", erklärt Thomas Stecher.
Das Drama am Chiemsee - es geht weiter
Wenn alle Vorbereitungen getroffen sind, kann das Glasfaserkabel von einer großen Rolle auf einer Fähre dann tatsächlich auf dem Boden des Chiemsees verlegt werden. Doch auch dabei kann noch einiges schiefgehen. Und das passiert dann tatsächlich - darüber berichten wir im zweiten Teil unserer Reportage "Drama auf dem Chiemsee".
Aber: Die Gebete der Klosterschwestern für eine schnelle Internetanbindung werden am Ende hoffentlich doch erhört...
Die Vorbereitung zur Verlegung des Dükers am Chiemsee im Video:
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