Video-Interview mit Notker Wolf
Das Redaktionsteam sprach mit Dr. phil. Notker Wolf, Abtprimus St. Benediktiner-Orden.
Abt Notker, ist die Digitalisierung ein Jobkiller oder eine große Chance?
Notker Wolf: Ich denke, die Digitalisierung ist eine große Chance. Es können viele negative Arbeiten wegfallen, die der Mensch nicht mehr tun muss. Ich denke an die Fabrikation in den Autofirmen und vieles andere mehr, die Roboterisierung. Aber das wird natürlich etliche Jobs kosten. Ich bin überzeugt, der Mensch ist aber flexibel genug, sich neue Jobs auszudenken, und es treten neue Notwendigkeiten auf. Nur muss einer ständig arbeiten, es muss einer ständig studieren und sich weiterbilden.
Es gibt weiterhin Berufe, die wir einfach nicht digitalisieren können. Ich denke an die Krankenpflege, die Altenpflege. Da braucht es Menschen mit Mitgefühl, da braucht es Menschen, die vielleicht etwas mehr Zeit haben. Wenn die Digitalisierung dazu verhilft, dass wir wieder mehr Zeit haben für die Menschlichkeit, dann bin ich sehr dafür.
Eine Gesellschaft ohne Arbeit, geht das überhaupt?
Notker Wolf: Oh, nein, das wäre ja grausam. Ich arbeite sehr gern, und sei es nur, dass ich mein Bad putze. Es ist einfach etwas Schönes, wieder das Erfolgserlebnis zu haben nach der Arbeit.
Allerdings wird sich die Arbeit in unserer Gesellschaft ändern. Es werden aber verschiedene Grunddienstleistungen bleiben; da kommen wir nicht drum herum. Ich möchte sagen: Warum wird Arbeit immer so negativ gesehen? Es wird darauf ankommen, welche Arbeit ich tue. Aber das ist ja Kreativität im Grunde genommen. Wenn ich Routinearbeiten erledigen muss, das kann schwierig werden. Es ist gut, wenn das durch die Digitalisierung behoben wird.
Einige raten ja zu einem bedingungslosen Grundeinkommen. Ist das aus Ihrer Sicht eine gerechte Option für die Gesellschaft der Zukunft?
Notker Wolf: Ich glaube, das hängt davon ab, wie man den Menschen sieht oder welche Vorstellungen man vom Menschen hat. Es gibt Leute, die sind so positiv eingestellt, die meinen, jeder würde arbeiten, auch wenn er alles umsonst bekommt. Das ist nicht der Fall. Der Mensch neigt zur Trägheit. Und deshalb habe ich mein Problem mit dem Grundeinkommen.
Es gibt aber etwas anderes. Benedikt sagt: "Erst dann ist der Mönch ein wahrer Mönch, wenn er von der eigenen Hände Arbeit lebt." Nun kann man zum Teil heute nicht mehr von der eigenen Hände Arbeit leben. Da muss der Staat eingreifen. Dafür haben wir die soziale Marktwirtschaft. Wer dann hat, der muss eben teilen mit dem anderen. Wenn das jemand als negativ ansieht, diskriminierend, dann ist das seine Sache. Aber es gibt nun einmal Unterschiede, auch in den Begabungen, auch in den Charakteren. Die einen sind nun mal sehr eifrig, und die anderen ziehen es vor, eine ruhige Kugel zu schieben. Dann sollen sie es, aber dann müssen sie auch mit weniger zufrieden sein.
Vielen Dank.
Digitale Verantwortung
Experten diskutieren über die Zukunft der Digitalisierung.