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Wunderwaffe Widerstandskraft

Aufrappeln, weitermachen: Unsere Psyche verfügt über erstaunliche Kräfte. Diese innere Stärke nennt man Resilienz. Und sie ist weit mehr als nur ein temporärer Trend. Was uns zu Stehaufmenschen macht, wieso manche Menschen resilienter sind als andere, wie neue Arbeitsformen und -strukturen unsere Widerstandsfähigkeit fordern und warum auch Unternehmen und Gesellschaft an ihrer Resilienz arbeiten müssen.

3 Personen sind als „Stehaufmännchen“ und Schriftzug "Resilienz"

Menschen sind hart im Nehmen. Sie können große körperliche und psychische Belastungen aushalten, schwere Zeiten und einschneidende Veränderungen überstehen. Die Fähigkeit, sich an veränderte Umstände anzupassen, auf Krisen zu reagieren, Stress zu verarbeiten und sich wieder gut zu erholen, nennt man Resilienz. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Materialkunde und beschreibt Stoffe, die auch nach extremer Spannung immer wieder in ihre Ausgangsform zurückfinden. Die innere Widerstandskraft unterscheidet sich allerdings von Mensch zu Mensch. Was für den einen eine hohe psychische Belastung darstellt, nimmt die andere als spannende Herausforderung wahr. 

Stabile Bindung verhilft zu Stressresistenz

Die Forschung geht heute davon aus, dass mehrere unterschiedliche Faktoren für eine hohe psychische Widerstandfähigkeit sorgen. So gilt es als gesichert, dass Menschen, die in ihrer Kindheit eine enge Bindung zu mindestens einer konstanten, liebevollen, verlässlichen Bezugsperson erlebt haben, deutlich häufiger eine gute Resilienz ausbilden. Sie schütten in akuten Stresssituationen beispielsweise geringere Mengen des Stresshormons Cortisol aus. 

Selbstvertrauen und die Erfahrung, dass man große Herausforderungen aus eigener Kraft gut bewältigen kann, gelten als wesentlich für die Resilienz. Dabei stärken entsprechende Erlebnisse die Widerstandsfähigkeit in einem Prozess, der ein Leben lang andauert. Heißt: Auch Erwachsene können ihre Resilienz verbessern und so die Voraussetzungen erhalten, Krisen nicht als überwältigende und unlösbare Ereignisse wahrzunehmen.

Realistische Ziele und die richtigen Ressourcen

Weitere Faktoren und Erfahrungen begünstigen eine ausgeprägte psychische Widerstandkraft. Vielfach greifen sie ineinander oder bedingen sich gegenseitig. Dazu zählen unter anderen:

  • Kohärenz: Meint das Gefühl, Zusammenhänge und Herausforderung zu verstehen. Außerdem den Glauben daran, dass es sich lohnt, Herausforderungen anzugehen, und dass das Leben einen Sinn hat. 
  • Selbstwirksamkeit: Die Überzeugung, auch in schwierigen Situationen selbst erfolgreich etwas bewirken und sie bewältigen zu können. Menschen, die erlebt haben, dass sich etwas verändert, wenn sie handeln, fühlen sich äußeren Umständen nicht ausgeliefert.
  • Die richtigen Ressourcen: Stabile soziale Kontakte gelten als ein zentraler Resilienzfaktor. Sie fangen den Menschen in schwierigen Situationen auf. 
  • Konfliktbewältigung: Menschen können akuten Stress gut bewältigen. Dauerhaft schwelende Konflikte hingegen sorgen für chronischen Stress und machen schlimmstenfalls krank. Sind unsere Systeme zur Stressbewältigung dauerhaft aktiviert, kann das zu Erschöpfung führen. 
  • Realistische Ziele und Akzeptanz: Sind Ziele unerreichbar, frustrieren und überfordern sie uns. Ein realistisches Bild von Wunsch und Wirklichkeit schafft eine gute Ausgangsbasis für die Selbstverwirklichung. Außerdem sollten Menschen akzeptieren, was sie nicht ändern können. Dagegen anzukämpfen, kostet wertvolle Ressourcen ohne das gewünschte Ergebnis. 
  • Zuversicht: Menschen, die darauf vertrauen, dass Dinge sich zum Guten wenden werden, sind deutlich resilienter. Daher sollten wir uns nicht auf Defizite konzentrieren, sondern auf das, was wir geschafft haben. 

Mehr Krisenfestigkeit für die Gesellschaft

Wie für die Psyche des Menschen gelten Belastbarkeit und Krisenfestigkeit auch für Organisationen und gesellschaftliche Systeme als wichtige Voraussetzung, um dauerhaft zu funktionieren, zukunftsfähig und erfolgreich zu sein. So schreibt das Zukunftsinstitut: „Eine Gesellschaft, die für Krisen gewappnet sein will, muss […] beides können – das Bewährte bewahren und das Neue adaptiv erschließen. Die neuen Zukunftsfragen lauten: Wie können sich individuelle und soziale Systeme gegen Unvorhergesehenes wappnen? Was stärkt die Überlebensfähigkeit in Krisenzeiten? Was stiftet systemischen Zusammenhalt?“ Die Antwort der Forscher: ein anpassungsfähiges System, das Stabilität und Flexibilität dynamisch miteinander kombiniert.

Nachholbedarf in der Wirtschaft

Die Corona-Krise und Umweltkatastrophen haben gezeigt, dass Unternehmen, ganze Branchen und die Wirtschaft insgesamt Nachholbedarf in puncto Resilienz haben. Bestes Beispiel: Lieferketten, die sich durch pandemiebedingte Einschränkungen, Rohstoffmangel oder Umwelteinflüsse als allzu fragil erwiesen haben. Um Gefahren besser begegnen zu können, hilft Betrieben eine entsprechende Vorbereitung, die beispielsweise das Risikomanagement stärkt. Dazu soll seit einigen Jahren der internationale Standard ISO 22316 beitragen, indem die Norm Unternehmen dabei unterstützt, die passenden Grundlagen für mehr Krisenfestigkeit zu schaffen. Unter anderem angemessene Investitionen in die Resilienz-Aktivitäten, wirksame Kommunikation und ein gemeinsames Verständnis, das die Führungskräfte auf eine wirksame Stärkung der Belastbarkeit verpflichtet und sie als Unternehmensziel verankert. Steuerungselemente, Schwellenwerte und Bewertungskriterien sollen anschließend dafür sorgen, dass Gefahren frühzeitig erkannt und bewertet werden. 

New Work fordert und fördert Resilienz

Darüber hinaus sind gemeinsame Werte in einer Organisation wichtige Voraussetzungen für den konstruktiven und flexiblen Umgang mit einschneidenden Veränderungen: Eine gemeinsame Vision und ein Zweck, an denen das Handeln und Verhalten ausgerichtet werden können. Das sieht die ISO-Norm vor. Und das gewinnt im Kontext von New Work noch einmal zusätzlich an Bedeutung, wenn es darum geht, Grundlagen für die Beschäftigen zu schaffen, mit den Belastungen der modernen Arbeitswelt umzugehen. Denn neue Arbeitsformen und ein umfassender struktureller Wandel fordern Anpassungsfähigkeit, neue Technologien erfordern einen resilienten Umgang mit digitalem Stress. Zudem sind mehr Eigenverantwortung, Selbstbestimmung und Selbstorganisation gefragt – entscheidende Bausteine handlungsfähiger (Arbeits-)Organisationen und zugleich elementare Resilienzfaktoren. Heißt: New Work fordert die Widerstandsfähigkeit der Mitarbeitenden nicht nur, es stärkt auch gleichzeitig einige ihrer wichtigsten Elemente – durch neue Freiheiten, durch Handlungs-, Entscheidungs- und Gestaltungsspielräume.

Das Wort „Aufbruch“ ist als Text zu sehen, darunter steht umgedreht das Wort Umbruch.

Erst Umbruch, dann Aufbruch?

Corona-Krise, scheinbar unaufhaltsamer Klima-Wandel, hoch dynamische Digitalisierung und Globalisierung. Und auch unsere Arbeitswelt wandelt sich rasant. Wir leben in einer Zeit massiver Veränderungen, des Umbruchs und – hoffentlich auch – des Aufbruchs. 

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