Der digitale Raum: eine Welt voller Inspiration und neuer Perspektiven?
Konstruktiver Dialog im Netz ist oft gefordert. Doch halten wir Gegenmeinungen wirklich aus? Wie gelingt es uns in einen wirklich konstruktiven Dialog zu kommen, der am Ende auch etwas bewirkt?
Wichtige Voraussetzungen für Zivilcourage sind Empathie und ein Gespür für Menschen. Wie so häufig bildet sich das Fundament dafür in der eigenen Kindheit. Es gehört aber auch dazu, Selbstbewusstsein und Kommunikationsfähigkeit zu entwickeln. Das sind ganz schön viele Eigenschaften und wichtige dazu.
Nicht nur wir, sondern auch viele andere haben feststellen müssen, dass digitale Zivilcourage unabdingbar ist. Unabdingbar wenn es darum geht, Eindämmung von Hass und mehr Sachlichkeit in die Diskussionen im Netz zu bekommen. Doch selbst das ist noch kein Garant dafür, dass ein konstruktiver Dialog mit inspirierendem Austausch unterschiedlicher Meinungen zustande kommt.
Konstruktiver Dialog bedeutet nicht, immer einer Meinung sein zu müssen. Konstruktiv argumentieren bedeutet auch nicht das Haus des Anderen anzuzünden, nur weil er unterschiedlicher Meinung ist - im wörtlichen und übertragenen Sinn. Ein häufiges Missverständnis ist der Glaubenssatz, dass es einen Konsens am Ende einer kontroversen Diskussion geben muss: „Ich argumentiere doch, um den Anderen von meiner Meinung zu überzeugen - das ist doch das eigentliche Ziel der Diskussion!“ Wir sagen: „Nein, nicht unbedingt“. Vielmehr geht es darum, die eigene Sichtweise zu hinterfragen, um dann am Ende einer Diskussion diese zum Beispiel zu verändern oder sich seiner Sache noch sicherer zu sein.
Aber Hand aufs Herz: Bist Du wirklich bereit, andere Meinungen zuzulassen und es auszuhalten, auseinanderzugehen mit den Worten: Sehr interessant, wir sind unterschiedlicher Meinung, aber beide haben ihre Berechtigung und ich danke Dir für Deine Sichtweise? Wie oft sprechen wir von Vielfalt, finden sie in der Realität aber eigentlich anstrengend und suchen nach Menschen, die uns gleich sind?
Prof. Dr. Andrea Römmele, Politikwissenschaftlerin und Autorin des Buches „Zur Sache!“ sagt: „Ohne Streit ist unsere Demokratie nicht überlebensfähig. Wir brauchen die Auseinandersetzung, um eine öffentliche Meinungsbildung zu ermöglichen und konstruktive Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Aber wir erleben heute, dass die inhaltliche Auseinandersetzung immer seltener wird und sich die Debatte in die sozialen Medien und die Talkshows verlagert hat. Dort gehen Menschen mit ungeprüften Fakten und Behauptungen aufeinander los, bleiben Meinungen unversöhnlich nebeneinanderstehen. Es herrscht ein Kampf um Aufmerksamkeit, Selbstbestätigung und die Skandalisierung des Gegners.“
Konstruktiver Dialog und der Austausch von unterschiedlichen Meinungen werden oft mit Uneinigkeit und letztlich Streit gleichgesetzt. Das ist in unserer Kultur negativ besetzt. Für die Meinungsbildung sind unterschiedliche Perspektiven aber unbedingt erforderlich. Römmele sagt, dass Streit und Auseinandersetzung integrierend sein können, denn nur, wer gehört wird, könne einen Kompromiss später auch akzeptieren.
Was kannst Du selbst für mehr konstruktiven Dialog im Netz tun?
- Neue Erfahrungen machen und diese in die Diskussion einbringen. Es gibt verschiedene Ansätze und auch Partner, mit denen wir zusammenarbeiten, die es sich zum Ziel gemacht haben, den Austausch zu kontroversen Argumenten voranzutreiben.
- Diskutier mit mir hat eine App entwickelt, bei der jede*r im ersten Schritt Fragen zu gesellschaftspolitischen Themen mit Zustimmung oder Ablehnung beantwortet. Anschließend wird man über einen Algorithmus mit einem andersdenkenden Menschen, der die gleichen Fragen - eben nur genau anders herum - beantwortet hat, für ein Online-Gespräch gematcht. Die App kommt im Juni überarbeitet heraus und zielt vor allem auf Themen rund um die Bundestagswahl ab.
- The Buzzard bietet die „tägliche Dosis Perspektivenvielfalt“ und fasst hierzu aus möglichst diversen Medien Argumente und Recherchen zu einem Thema zusammen. Gestartet ist The Buzzard mit einem Podcast, bei dem zu einem Thema wie beispielweise „Ist es gut, dass Amerika seine Truppen aus Syrien abzieht?“ ein Journalist nur Pro-Argumente präsentieren darf, der andere nur Contra-Argumente. Dabei kommt es zu keinem Kompromiss, aber zu interessanten neuen Einblicken in Themen, zu denen man eigentlich schon eine Meinung hatte.
- In Kommentarspalten nicht nur reagieren, sondern bewusst neue Argumente einbringen! Nicht jeder Kommentar muss beantwortet werden. Oft ist es viel interessanter ganz andere Aspekte zu erhalten, die zum Denken anregen.
- Eigene Posts in den sozialen Medien moderieren! Moderieren heißt: nicht nur maßregeln und sich für Beiträge bedanken, sondern immer wieder auf neue Aspekte des Themas hinweisen und Kommentare anderer mit eigenen Ideen ergänzen.
Frage Dich selbst
- Bist Du bereit, Dich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen, auch wenn Du glaubst, auf der Seite derer zu stehen, die die „richtige“ Meinung vertreten?
- Wie inspirierend bist Du selbst in Deinen Kommentaren in den sozialen Medien?
Gegen Hass im Netz
Die Telekom kämpft für ein Netz ohne Hass, in dem alle respektvoll miteinander umgehen.