Stuttgart: Elf Mobilfunkstandorte müsst ihr sein
Damit der zuletzt etwas kriselnde VfB Stuttgart in der Bundesliga-Tabelle wieder nach oben klettern kann, gilt das traditionelle Fußballmotto von Sepp Herberger: „Elf Freunde müsst ihr sein!“ Damit der Mobilfunk an der Filderlinie, einer der wichtigsten Verkehrsrouten rund um Stuttgart, besser und schneller wird, heißt es dagegen: „Elf Mobilfunkstandorte müsst ihr sein!“ Und hier kann die Deutsche Telekom nach jahrelanger Standortsuche nun endlich Vollzug melden. Wir verraten, was dahintersteckt.
Mobilfunk für die Pendlerpiste
Die Filderlinie verbindet unter anderem den Stuttgarter Flughafen mit der Innenstadt und wird Tag für Tag von vielen Pendler*innen benutzt. Auf den gut elf Kilometern haben sich bisher nicht nur die Autos gestaut – sondern häufig auch der Mobilfunk. Denn sowohl die hügelige Topografie entlang der Strecke als auch die schwierige Standortsuche haben den Funknetzplaner*innen der Telekom viel Kopfzerbrechen bereitet. Nun hat sich die Hartnäckigkeit ausgezahlt – und der letzte der elf Standorte, die für die Versorgung der gesamten Filderlinie mit schnellem, stabilem Mobilfunk notwendig sind, ist gefunden.
Messfahrt über die Filderlinie
Um die Qualität des Netzes an der Filderlinie genau zu analysieren, führen die Telekom-Techniker immer wieder Messfahrten durch. Funknetzoptimierer Constantin Fant verrät, was dabei passiert: „Wir wollen den Ist-Stand der Mobilfunkversorgung auf dieser Strecke überprüfen.“ Um die Versorgungsqualität genau zu erfassen, hat sein Kollege Yunus Emre Pilatin auf der Rückbank des Messfahrzeugs jede Menge Technik zur Verfügung. Er erklärt, was der Computer und die beiden Bildschirme zu bieten haben: „Was wir hier auf dem Display sehen, ist die Karte. Hier wird mittels GPS dargestellt, wo wir uns bei der Messung aktuell befinden. Auf dem linken Bildschirm sehen wir die Pegelwerte, in welchem Netz wir eingebucht sind, welche Frequenzen wir nutzen.“
Der „Skikoffer“ auf dem Dach
Auf dem Dach des unauffälligen VW-Vans ist eine Art „Skikoffer“ montiert, in dem sich die Messtechnik befindet. Weil es für Constantin Fant und Yunus Emre Pilatin diesmal nicht zum Winterurlaub in die Berge geht, sondern auf eine Fahrt über die Filderlinie, stecken im Koffer keine Skier – sondern jede Menge Smartphones, Antennen und Zubehör. Techniker Pilatin weiß es genauer: „Hier sehen wir vier Endgeräte und sieben Scannerantennen. Die Endgeräte sind unter Dämpfungshauben versteckt.“ Weil der Handyempfang in der Dachbox außerhalb des Autos naturgemäß besser wäre als im Inneren des Fahrzeugs, dämpfen die Hauben das Signal laut Yunus Emre Pilatin so, „als ob die Endgeräte in der Mittelkonsole des Autos liegen würden“. Erst dadurch kommen realistische und kundennahe Messungen zustande.
Das sind die Ergebnisse
Während der Messfahrt simulieren die Smartphones parallel Telefonate sowie Up- und Downloads, um die Durchsatzraten zu messen. Danach werten die beiden Techniker die Ergebnisse aus, die dann bei Funknetzplaner Manuel Happes landen. Er sieht auf einer Karte die Qualität des Netzes farblich markiert. Entlang der Filderlinie kann er schon vor der Installation des letzten Funkmasten überwiegend zufrieden sein: „Hier haben wir die grünen Bereiche, die wir als prima versorgt ansehen.“ Rund um die Universität Hohenheim gibt es allerdings einen roten Bereich. „Hier entspricht die Versorgung nicht unseren Qualitätsansprüchen. In diesem Bereich haben wir bereits einen Standort eingeplant, der diesen Streckenabschnitt qualitativ verbessert.“ Sein Fazit: Die Datenrate reicht dennoch fast überall auf der Strecke aus für „Telefonieren, Musikstreaming, Downloads – also für alles, was man heutzutage mit dem Smartphone so macht.“
Der schwierige Filderfunk
Die Deutsche Telekom hatte sich schon seit Längerem bemüht, das Netz an der Filderlinie zu verbessern. Ingo Reinhardt, Kommunalbeauftragter des Unternehmens für den Mobilfunk in Baden-Württemberg, erklärt, warum das so kompliziert und langwierig war: „An der Filderlinie haben wir sehr unterschiedliche Standorttypen. Deshalb gibt es auch sehr unterschiedliche Probleme – von der Topografie bis hin zum Naturschutz oder auch der Akzeptanz in der Bevölkerung.“ Zur Topografie gehört beispielsweise das sehr langgezogene Versorgungsnetz, das für die Strecke von gut elf Kilometern erforderlich ist. Hier müssen die Netzplaner*innen darauf achten, dass Gespräche und Datenverbindungen beim Übergang von einer Zelle zur nächsten nicht abbrechen. Und im innerstädtischen Bereich ist es laut Experte Reinhardt „oft schwierig, einen Eigentümer zu finden, der bereit ist, seine Liegenschaft für den Mobilfunk zu vermieten“. Und wenn ein Vermieter gefunden ist, bleibt die Frage, ob zum Beispiel ein Dachstandort auch statisch für so eine Anlage geeignet ist. Hier setzt die Telekom auf clevere Ideen – zum Beispiel mit kleinen Antennen an Laternenmasten.
Der elfte Standort ist da
Am Ende des Mobilfunk-Puzzles an der Filderlinie fehlte der Telekom noch exakt ein Standort, um die letzte Lücke zu schließen. Das Gelände der Universität Hohenheim war hierfür ideal geeignet, doch die Umsetzung sorgte für Probleme. Denn hier befindet sich eine Versuchsstation für Agrarwissenschaften. Und was das bedeutet, erklärt der Kommunalbeauftragte Ingo Reinhardt: „Es ist zum Beispiel so, dass Bodenverdichtungen bei den Bauarbeiten oder der Schattenwurf unseres Mobilfunkmasten die Ergebnisse hätten beeinflussen können.“ Denn dann ist die Frage: Wächst ein Getreide im Versuch schlechter, weil es genetisch ungünstiger ist – oder weil ein Mobilfunkmast für Schatten sorgt? Mittlerweile haben Telekom und Uni aber gemeinsam einen erstklassigen Standort auf dem Gelände gefunden. Wenn die Anlage in Betrieb ist, stehen endlich entlang der gesamten Filderlinie Downloadraten um die 100 Megabit pro Sekunde zur Verfügung. Und dann stauen sich hier zwar weiterhin die Autos – aber nicht mehr die Daten.
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