Nach der Flut: So hilft Mobilfunk den Menschen
Es war die schlimmste Flut der jüngeren deutschen Geschichte. 183 Menschen kamen beim Juli-Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ums Leben. 132 Todesopfer waren allein im am schwersten betroffenen Landkreis Ahrweiler im Norden von Rheinland-Pfalz zu beklagen. Bis alle Schäden in der Region beseitigt sind, dürfte es Jahre dauern. Schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden auch die Kommunikationsnetze für Festnetz und Mobilfunk. Seit das Wasser zurückgegangen ist, arbeitet die Deutsche Telekom tagtäglich daran, die Infrastruktur wieder aufzubauen. Wir zeigen, wie die Arbeiten vorangehen – und wie wichtig gerade jetzt der Mobilfunk in den Unwettergebieten ist.
Unterwegs im Messfahrzeug
Die Beschädigungen an den Leitungen sind so enorm, dass allein zwischen Hagen und Trier rund 10.000 Haushalte nach wie vor ihren Festnetzanschluss nicht benutzen können. Solange die Reparaturarbeiten andauern, sind die Menschen dort umso stärker auf den Mobilfunk angewiesen, um telefonieren, surfen oder zuhause im Homeoffice arbeiten zu können. Deshalb ist die Optimierung und Verstärkung des Mobilfunknetzes im Moment einer der absoluten Schwerpunkte der Telekom in der betroffenen Region. Dafür sind kontinuierlich Messfahrzeuge unterwegs, die mit aufwändiger Technik erfassen, wie gut der Mobilfunk vor Ort ist – und wie er sich mit einer Vielzahl von Maßnahmen noch weiter verbessern lässt. Bei sogenannten Online-Optimierungen arbeiten die Techniker der Telekom und die Fahrer der Messfahrzeuge parallel.
Alexander Sieberz, Funknetzoptimierer bei der Telekom, erklärt auf seiner rund 150 Kilometer langen Messfahrt, wie das funktioniert: „Die Techniker führen dann diverse Änderungen durch – und wir stellen online fest, ob diese Änderungen zum Erfolg geführt haben. Das macht dann ein Kollege, der hinten im Auto sitzt.“ Denn der sieht auf seinem Monitor sofort und „live“ alle Werte und Ergebnisse.
Das Auto mit der Skibox
Eingeweihte erkennen die Messfahrzeuge an der „Skibox“ auf dem Dach, in der sich Smartphones befinden, die während der Fahrt kontinuierlich den Empfang und den Datendurchsatz messen. Normalerweise stecken solche Mess-Handys in Hauben, die den Empfang dämpfen. Denn so lässt sich die Empfangsqualität im Auto-Inneren nachvollziehen.
In diesem Fall ist der Empfang aber „ungedämpft“. Netzoptimierer Sieberz erklärt, warum: „Mit den Geräten oben in der Dachbox simulieren wir quasi den Empfang hier auf der Straße beziehungsweise in den Häusern nahe der Fenster.“ Insgesamt drei aktuelle Samsung-Smartphones auf dem Dach erfassen die Qualität von 2G/GSM, 4G/LTE sowie 5G und spielen alle Daten auf die Rechner im Fahrzeug. Und, so Alexander Sieberz, „wir haben hier, um es noch realistischer zu gestalten, ein weiteres Gerät im Fahrzeuginnenraum“. Denn auch die In-Car-Netzqualität für die Insassen im Auto ist für die Telekom interessant.
Der Mobilfunkempfang im Flutgebiet
Die Gerätschaften auf dem Dach der Messfahrzeuge erfassen also die Mobilfunkqualität in den Gebäuden nahe der Fenster. Der Haken dabei: Die wenigsten Nutzer sitzen mit ihrem Handy, Tablet oder Notebook direkt am Fenster, wo der Empfang am besten ist. Das Netz muss deshalb als WLAN-Ersatz weiter ins Innere der Gebäude reichen – bis zum Sofa, auf dem die Menschen mit ihrem Tablet surfen wollen, oder bis zum Wohnzimmertisch, auf dem das provisorische Homeoffice aufgebaut ist. Und das kann bisweilen zur Herausforderung werden, wie Netzspezialist Sieberz schildert: „Um mit der Mobilfunkversorgung in die Gebäude reinzukommen, durch das Mauerwerk durchzudringen, muss man sehr viele und dicht gepackte Standorte in dem Bereich haben. Ansonsten schwächt sich das Signal immer weiter ab, je tiefer man in die Gebäude vordringt.“
Schwierig für den Mobilfunkempfang sind zum Beispiel Stahl, Stahlträger oder gegossene Betonwände, die die Funksignale abhalten. In älteren Gebäuden ohne viel Stahl funktioniert der Empfang meistens deutlich besser. Umso wichtiger ist es, dass die Mobilfunkversorgung in den Flutgebieten momentan ganz besonders leistungsfähig ist, um die Menschen in ihren Wohnungen, Geschäften und Büros zu erreichen, die derzeit noch ohne Festnetz und damit auch ohne WLAN auskommen müssen.
Das Problem mit der Topografie
In den betroffenen Gebieten wie beispielsweise Ahrbrück oder Altenahr ist die hügelige und zerklüftete Topografie schon in normalen Zeiten für den Mobilfunkempfang herausfordernd. „Was sich in so engen Tälern abspielt, ist immer schwierig“, bestätigt Alexander Sieberz. Im Katastrophenfall, in dem viele Anlagen erst wieder neu aufgebaut werden müssen, gilt das umso mehr.
Der Telekom-Experte erklärt, welche Lösungen es für den Mobilfunk in solchen Gebieten gibt: „Da gibt es unterschiedliche Philosophien. Früher hat man versucht, alles von oben, von den Anhöhen aus, zu versorgen. Dadurch, dass man heute aber immer auch an die Kapazität denken muss, ist es viel sinnvoller, die Standorte mehr im Tal zu platzieren, damit man keine Probleme mit Überreichweiten hat.“ Überreichweiten bedeuten: Ein Mobilfunkmast, der beispielsweise auf einem Berg platziert ist, strahlt weiter ab, als er eigentlich sollte – und stört damit die Signale von benachbarten Stationen.
Mobile Sonderversorgung in Altenahr
Um den Mobilfunk in den Flutgebieten möglichst zu optimieren, wurden beispielsweise in Altenahr entlang der Stellen, an denen die Unwetter besonders heftig gewütet haben, Mobilfunkstationen errichtet, die das bestehende Netz unterstützen. An insgesamt sieben Stellen sind solche mobilen Masten schon im Einsatz, weitere werden folgen. Außerdem wurden die Kapazitäten von bestehenden Masten mit Sonderantennen erweitert. Die positiven Folgen merken die Menschen vor Ort deutlich. Netzoptimierer Sieberz sieht die Daten auf seinen Gerätschaften, mit erfreulichen Geschwindigkeiten von 135 Megabit pro Sekunde. Er ist hochzufrieden: „An den Grafiken und an den durchlaufenden Daten sieht man, dass hier mit dem Übergangs-Standort die Versorgung wieder sehr gut hergestellt ist. Wir haben Super-Durchsatzwerte und einen sehr guten Empfangspegel. Hier funktioniert wirklich alles hervorragend.“
So geht es weiter
Weil die Zerstörungen an der Infrastruktur teilweise enorm groß sind, bleibt der Mobilfunk, der mittlerweile vollständig wiederhergestellt ist, für viele Bürger noch über einen längeren Zeitraum der zentrale Zugang zum Internet. Parallel ist es eine Mammutaufgabe, das zerstörte Festnetz wieder komplett funktionstüchtig zu machen. Die Telekom arbeitet tagtäglich und unermüdlich daran, die Lage immer weiter zu verbessern. Dabei helfen die Messfahrten, deren Daten dazu verwendet werden, weitere Maßnahmen und Optimierungen einzuleiten. Und dabei hilft auch eine eigene Internetseite unter der Adresse https://www.telekom.de/flut-info, auf der Kunden erfahren, wie es mit der Wiederherstellung des eigenen Anschlusses aussieht, und welche alternativen Produkte die Telekom für die Übergangszeit anbietet.
Falls es dennoch irgendwo hakt: Die Hochwasser-Hotline der Telekom ist unter der kostenlosen Nummer 0800 33 02277 täglich rund um die Uhr für die Betroffenen da.
Das ganze Video gibt es hier zu sehen:
Das Netz fragt Walter Goldenits
In den letzten Wochen hatten Telekom-Kunden und Besucher des Netzblogs die Möglichkeit, ihre Fragen an den Technikchef der Deutschen Telekom zu stellen. Alle Antworten liefert Walter Goldenits im Netzblog-Video.