Mobilfunk für Schloss Burg: 5G statt Brieftaube
Nach den Vorbereitungen für den Ausbau der Mobilfunkversorgung auf Schloss Burg in Solingen ist es nun soweit: die neuen Antennen werden angeliefert und es geht hoch hinaus.
Wer Schloss Burg an der Wupper besucht, das Wahrzeichen des Bergischen Landes – der reist wie mit einer Zeitmaschine ins Mittelalter. Die imposante Anlage mit ihren dicken Mauern, mit Fachwerk, Erkern und Türmchen, weckt Erinnerungen an Ritter und Burgfräulein – und an die Zeit, als noch mit Brieftaube und Postkutsche kommuniziert wurde.
Das Brieftauben-Zeitalter ist zwar auch hier in Solingen, in Nordrhein-Westfalens größter rekonstruierter Burganlage, längst vorbei. Aber die Mobilfunk-Zukunft hat hier lange auf sich warten lassen. Denn die über 300.000 Menschen, die Schloss Burg jedes Jahr besuchen, konnten viele Jahre nur mit GSM im 2G-Netz telefonieren oder SMS verschicken. Fotos und Videos übers mobile Internet auf Instagram und YouTube zu laden – das war nicht möglich.
Doch das ändert die Deutsche Telekom jetzt, mit einer neuen und denkmalschutzgerechten Mobilfunkanlage, die bereits in Betrieb ist. Sie bringt künftig LTE und 5G nach Schloss Burg – und versorgt dann auch die Bürger in Solingen, die unterhalb der Anlage wohnen.
Mobilfunk vom Fahnenmast
Frank Weinbrenner, der kommunale Ansprechpartner der Telekom, erklärte vor Beginn der Arbeiten, wie notdürftig und fast schon romantisch Schloss Burg seit vielen Jahren ans Mobilfunknetz angeschlossen war: „Bisher senden wir über kleine Antennen oben am Fahnenmast. Der Mast muss aus statischen Gründen aber zurückgebaut werden. Deshalb werden wir sämtliche Antennen unter das Dach bringen – und von dort aus denkmalgerecht, ohne dass man es sehen kann, die Versorgung sicherstellen.“
Der 2G-Mobilfunk vom Fahnenmast war den Ansprüchen der Schlossbesucher längst nicht mehr gewachsen. Denn hier herrscht immer Hochbetrieb: Ostermarkt, Ritterspiele, Mittelaltermarkt, Adventsbasar, Theateraufführungen und rund 100 Hochzeiten im Jahr locken die Besucher auf Schloss Burg. Eine Hochzeit, von der sich keine Bilder und Filme „live“ ins Netz stellen lassen – für einen Veranstalter ist das heutzutage ein echtes Handicap. Und die hochmoderne Schloss-Burg-App, die mit Augmented Reality durch die Anlage führt, ließ sich von hier aus nicht aufs Smartphone laden.
Eine LTE- und 5G-Anbindung war überfällig. Sie wird nun im Rahmen der insgesamt 32 Millionen Euro teuren Renovierung von Schloss Burg realisiert. Und die alte GSM-Anlage geht, nun ja, über die Wupper.
Mobilfunk mit Hindernissen
Den Bergfried, den 32 Meter hohen Verteidigungs- und Aussichtsturm der Burg, unter dem Dach mit von außen unsichtbaren Mobilfunkantennen auszustatten – das klingt nach einer Mammutaufgabe. Und es war eine Mammutaufgabe. Nach den ursprünglichen Planungen sollten die Arbeiter sämtliche Technik über ein endlos langes und steiles Treppenhaus nach oben in die sechste Etage des Turms schleppen – ein sportliches Vorhaben. Telekom-Mann Frank Weinbrenner gruselt sich noch heute beim Blick auf das Treppenhaus: „Das wäre der Weg gewesen, auf dem die Bauarbeiter das ganze Material hätten hochtragen müssen.“
Dann hat die Telekom aber doch eine bessere Lösung gefunden, freut sich der kommunale Ansprechpartner: „Es hat sich die Möglichkeit ergeben, diese ganze Arbeit mit einem Hubsteiger zu erledigen, der durch das Burgtor passt.“
Der Lindwurm von Solingen
Ein gewaltiger Hubwagen, der GSA 50 H der Düsseldorfer Firma Gerken, hievte das Material schlussendlich die 30 Meter hoch auf den Turm. Dort konnten es die Arbeiter von einem Balkon aus in Empfang nehmen. Das Gerät ist 9,40 Meter lang, 2,20 Meter hoch, 13,6 Tonnen schwer – aber nur 1,60 Meter breit.
Nun haben Burgen ja nicht umsonst keine großzügigen Empfangsportale. Der Feind sollte draußen bleiben! Doch der Hubwagen, laut Gerken „die größte Raupen-Arbeitsbühne der Welt“, passte genau durch den schmalen Torbogen, und schlängelte sich dann auf seinen Raupenketten wie ein Lindwurm durch den Burghof bis zum Bergfried.
Zwölf Antennen für den Bergfried
Insgesamt zwölf große Mobilfunkantennen und die dazugehörige Systemtechnik brachte der Lindwurm 30 Meter nach oben. Von dort aus mussten die Arbeiter nur noch eine Mini-Treppe, Modell Hühnerleiter, überwinden, um das Material in den neuen, kleinen Betriebsraum zu schleppen, der direkt unter dem Dach liegt – quasi im sechseinhalbten Stock. Von außen ist die Anlage für die Besucher völlig unsichtbar, damit sind die strengen Auflagen des Denkmalschutzes erfüllt. So ist vom neuen Mobilfunk auf Schloss Burg künftig nur eines zu sehen – die starken Signalbalken für schnelles mobiles Internet auf den Smartphones der Besucher.
Doch das dauert noch ein wenig. Die neue Anlage funkt und funktioniert zwar bereits, doch bisher weiterhin nur im GSM-Netz. Denn für LTE und 5G ist eine neue Glasfaseranbindung erforderlich, über die die Mobilfunkdaten ins Telekom-Netz fließen. Sie führt künftig von einer benachbarten Schule über den Burghof bis zum Bergfried, und dort unters Dach des Turms. Doch weil die Renovierung von Schluss Burg derzeit noch läuft, muss die Telekom abwarten, bis die Gerüste abgebaut sind und dann die neue Glasfaserleitung verlegen werden kann. 2021 soll es so weit sein.
Mobilfunk für die Solinger
Schloss Burg thront in Solingen 110 Meter hoch über der Wupper. Unter der Anlage befinden sich Wohngebiete – die bald ebenfalls von der neuen Mobilfunkanlage aus versorgt werden. „Der Bergfried hat eine exponierte Position in diesem sehr zerklüfteten Bereich von Solingen“, weiß Kommunalbeauftragter Weinbrenner. „Und wir von der Telekom sind hier der einzige Flächenversorger.“
Deshalb liefert das Burg-Netz LTE und 5G künftig auch für die Kunden von Vodafone und Telefónica/O2. Denn die Deutsche Telekom hat die Anlage als Gemeinschaftsprojekt der drei großen Netzbetreiber installiert. Damit endet in diesem Teil von Solingen quasi das Mobilfunk-Mittelalter – fast 900 Jahre nach der Fertigstellung von Schloss Burg.
Von Burgen und Lindwürmern - alles dazu im Video:
Schloss Burg: Der unsichtbare Antennenmast
Altes Schloss, aber schnelles Netz. Wie Telekom und Denkmalschutz zusammenarbeiten, um den Mobilfunk auf einer Burg zu modernisieren.