Fußball-KI: So bringt 5G das Runde ins Eckige
Ein abkippender Sechser ist kein Mittelfeldspieler, der sich nach einem Sieg ein Bierchen gönnt. Und eine Heatmap hat nichts mit schweißtreibenden Temperaturen im Sommer zu tun. Beides sind Fußball-Fachbegriffe aus den Bereichen Taktik und Analyse. Spiele auf diese Weise unter die Lupe zu nehmen, war bisher sehr aufwändig, teuer und vor allem für Profiklubs geeignet. 5G und eine neue Kamera der Deutschen Telekom bringen die Tricks von Jürgen Klopp und Thomas Tuchel jetzt erstmals auch zu Amateurvereinen.
Wie funktioniert das Fußball-5G?
Herzstück des Systems ist die magentafarbene Streaming-Kamera der Telekom mit 5G-Mobilfunk. Sie wird in Höhe der Mittellinie montiert – und überträgt die Spiele aus Amateurligen live auf der Internet-Plattform Sporttotal. Der Kniff dabei: Frei nach dem Motto „Such den Ball“ ist die künstliche Intelligenz der Kamera darauf trainiert, immer den Ball und die Spieler rund um den Ball im Blick zu behalten. So schwenkt sie mit 180-Grad-Rundumblick übers ganze Feld. Was dabei herauskommt, erklärt Johannes Brunswick, Projektmanager für Geschäftskunden bei der Telekom: „Die spannendsten und interessantesten Szenen werden von der Kamera selbstständig so zusammengemischt, als wäre ein Regisseur am Werk.“ Doch das funktioniert völlig autonom und kostensparend ohne Regisseure und Kameraleute – so dass sich jetzt auch kleine Klubs Live-Übertragung leisten können. Fans können die Spiele aber auch nachträglich noch sehen, als Video-on-demand.
Was hat das mit Spielanalyse zu tun?
Die Telekom entwickelt die Künstliche Intelligenz ihrer „Gernseh-Kamera“ ständig weiter. Mit der neuesten Software-Generation, die gerade beim Bayernligisten ATSV Erlangen getestet wird, unterstützt sie Fußballtrainer nun auch bei der Spielanalyse. Trainer Christopher Hofbauer ist begeistert von den neuen Möglichkeiten: „Das macht großen Spaß, ist ein super Mehrwert für uns im Trainerstab. Wir versprechen uns davon, dass wir auf lange Sicht unsere Spieler besser machen, dass wir uns als Team steigern, besseren Fußball spielen.“ Mit den Bildern aus der Kamera, die die KI-Software aufbereitet, können Trainer ihren Spielern Stärken und Schwächen aufzeigen und Szenen exakt analysieren. Christopher Hofbauer hat damit Möglichkeiten zur Hand, wie sie bisher den Tuchels dieser Welt vorbehalten waren: „Der Spieler kann sich noch mal selbst auf dem Platz sehen, das ist einfach eine ganz andere Wahrnehmung für ihn.“
Welche Möglichkeiten gibt es für die Zukunft?
Erlangens Trainer Hofbauer liefert immer wieder Feedback an die Spezialisten der Deutschen Telekom, mit Vorschlägen aus der Fußballpraxis. Eine seiner Ideen: „Zur neuen Saison wäre es super, wenn wir die Funktion der Heatmap nutzen können.“ Um das Rätsel zu lösen: Das ist eine grafische Darstellung, wo sich die Spieler über die gesamte Partie auf dem Platz aufhalten, und wo es quasi am „hitzigsten“ zugeht. Wenn die Grafik zum Beispiel auf dem rechten Flügel besonders rot zu sehen ist, spielt die Mannschaft vor allem über diese Seite. Der Nutzen für Coach Hofbauer: „Es wäre gut zu sehen, ob es eine präferierte Seite gibt, über die wir Fußball spielen, wie die Mannschaft verschiebt, wie sie gegen den Ball arbeitet.“ Folge: „So kann man die Räume sehen, die man hauptsächlich bespielt.“
Klappt das nur beim Fußball?
Bald können auch andere Trainer als nur auf dem Fußballplatz die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz nutzen. „Wir machen das künftig definitiv auch für andere Sportarten wie Basketball oder Handball“, kündigt Johannes Brunswick an. Schwerpunkt bleiben aber tatsächlich die Ballsportarten. Denn, so der Telekom-Produktmanager: „Die Künstliche Intelligenz ist genau darauf trainiert, wo befindet sich der Ball, wo tummeln sich Menschen um den Ball, was ist da los auf dem Spielfeld?“ Aktuell ist das System für alle Fußballklubs von der Kreisklasse bis zur Regionalliga geeignet, also der vierthöchsten deutschen Spielklasse. Vereine, die sich dafür interessieren, können sich auf einer Internetseite der Telekom informieren und Kontakt aufnehmen.
Wie funktioniert die Analyse genau?
Elias Beissel, Clubmanager bei Sporttotal, zeigt das Programm auf einem Laptop. Dabei fällt die sehr einfache Bedienung auf, die eine der zentralen Anforderungen bei der Entwicklung war: „Das war uns sehr wichtig, dass das Tool einfach zu benutzen ist, und dass man dafür keine Vorerfahrung braucht.“ Er demonstriert, wie sich Trainer ohne großen Aufwand bestimmte Szenen aus einem Spiel herauspicken können – oder mit Hashtags wie #Tor alle Treffer einer Saison wiederfinden. Die Spieler staunen dabei jedes Mal von Neuem, wo sie geglänzt haben, oder welche Schnitzer ihnen unterlaufen sind. Telekom-Manager Brunswick schmunzelt: „Manchmal ist es ja so, dass der Trainer etwas sagt, und dass es ihm die Spieler nicht glauben wollen. Und wenn sie es dann auf dem Bildschirm sehen, glauben sie es plötzlich doch.“ Das Ganze ist ein professionelles Analyse-Tool wie in der ARD-Sportschau – aber eben für den Amateursport.
Was sagen die Fußballer dazu?
Schätzen die Spieler die neuen Analyse-Möglichkeiten – oder fühlen sie sich eher überwacht? Für die Kicker beim ATSV Erlangen überwiegt der Nutzen ganz deutlich. Stürmer Lucas Markert lobt: „Der Trainer bereitet uns gut damit vor – egal, wie es mit dem Timing ist, wo wir hinlaufen sollen, oder mit Gegneranalysen.“ Offensivkollege Burak Ayvaz stimmt zu: „Nach der Analyse ist es gut, dass man weiß, was wir schlecht gemacht haben, woran wir weiter arbeiten müssen, aber auch, wo unsere Stärken liegen.“ Die Mannschaft profitiert enorm von ihrem neuen Lieblings-Fernsehprogramm – bei dem dank Telekom-5G aus dem TV-Klassiker „Vorsicht, Kamera“ quasi „Torsicht, Kamera“ wird.
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