Beamforming mit 5G - Mobilfunk punktgenau
In Zukunft wird die Telekom das sogenannte Beamforming einsetzen, um noch bessere Performance beim Mobilfunk zu erreichen. Wie das funktioniert, steht hier.
Beamen - das kennen einige vom Raumschiff Enterprise. Legendärster Satz aus der Science-Fiction-Serie: "Beam me up, Scotty!" (Übrigens ein Satz, der so wörtlich nie gefallen ist.) Auf Deutsch hätte das deutlich weniger glamourös geklungen: "Strahl mich hoch, Rüdiger!"
Aber während es bis heute nicht möglich ist, Menschen oder Gegenstände wie auf der USS Enterprise zu beamen, führt das Wörtchen "Strahl" tatsächlich auf die richtige Spur in Sachen Beamforming. Denn diese gezielt ausgerichteten Mobilfunkstrahlen sind eine der wichtigsten Technologien des künftigen 5G-Netzwerks der Deutschen Telekom. Und auch diese Technik ist faszinierend, wie Spock, der Wissenschaftsoffizier der Enterprise, sagen würde.
Was ist Beamforming?
Niemand kann diese Frage besser beantworten als Sebastian Gunreben, der 5G Integration Manager bei der Deutschen Telekom. Er erklärt: "Beamforming ist der nächste Schritt nach MIMO."
Zur Erinnerung: Bei 4x4 MIMO, einer Art Quattro-Antrieb fürs Mobilfunknetz, sorgen vier Sendeantennen am Mast und vier Empfangsantennen im Endgerät für rund 60 Prozent schnelleres Surfen. Aus der bisherigen maximalen LTE-Geschwindigkeit von 300 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) werden so an die 480 Mbit/s. Weitere Hintergründe erklären wir im Artikel zu 4x4 MIMO.
Beamforming greift dieses Prinzip auf, steigert dieses aber nochmals um den Faktor 16! Denn hier strahlt eine aktive Antenne 64 Signale parallel aus, die sich alle einzeln steuern und auf Kunden ausrichten lassen. "Das sind 64 Empfangs- und Sendeelemente, um damit 64 verschiedene Beams, auf Deutsch Keulen, zu formen", schildert Sebastian Gunreben.
Statt wie bisher ein Mobilfunksignal kreisförmig auszustrahlen, das dann im Randbereich immer schwächer wird, können die Signale beim Beamforming, also beim "Formen von Strahlen", in Form von länglichen Keulen gezielt ausgerichtet werden. Durch diesen Beam ist das Signal dann auch im Randbereich der Zelle ähnlich stark wie im Zentrum.
Dabei bewegen sich die Antennen allerdings nicht, wie Experte Gunreben weiß: "Der Beam formt sich über eine Phasenverschiebung des Signals und über die Mehrwegeausbreitung. Die Antenne an und für sich bleibt statisch."
Was bringt Beamforming?
Bei der neuen Technik sitzt kein Telekom-Mitarbeiter unter der Antenne, um die Strahlen auf die einzelnen Kunden zu richten. Denn das passiert vollautomatisch. Die Sendeleistung wird dabei je nach Bedarf angepasst und bringt eine optimale Abdeckung für jeden einzelnen Nutzer.
Wer telefoniert und nur geringen Ressourcenbedarf hat, wird ebenso vom passenden Beam erfasst wie ein Kunde, der gerade ein Video mit hoher Datenrate streamt. Ergebnis: Mobilfunk, maßgeschneidert je nach Bedarf. Und die horizontale und vertikale Ausrichtung der neuen aktiven Antennen steigert zudem die Abdeckung - gerade im städtischen Bereich mit hohen Häusern.
Beamforming wird übrigens auch im WLAN eingesetzt, siehe hier.
Wie schnell ist Beamforming?
Bisher läuft die neue Technik noch nicht draußen in "freier Wildbahn", sondern im Labor. "Dort haben wir natürlich perfekte Bedingungen und kriegen mehrere Gigabit pro Sekunde", verrät 5G-Spezialist Sebastian Gunreben.
Aber auch wenn die normale Welt kein Labor ist, klingen die Prognosen der Telekom überaus vielversprechend: "In der Wirklichkeit sorgen die Beams dafür, dass wir uns diesen Laborwerten durchaus annähern. Und es wird auch immer einen Punkt geben, an dem wir ähnliche Datenraten erreichen werden." Die Kunden der Deutschen Telekom können sich also auf echten Gigabit-Mobilfunk freuen.
Was passiert, wenn mehr als 64 Nutzer in einer Zelle sind?
Hier erklärt Telekom-Mann Gunreben eines der wichtigsten Prinzipien des Beamforming: "Die 64 Keulen oder Beams zielen nicht auf einen einzelnen Nutzer ab, sondern formen letztendlich örtlich eine Keule. Das heißt, es können durchaus innerhalb eines Beams mehrere Kunden bedient werden - und zwar unterschiedlich, je nachdem, was sie an Netzressourcen anfordern."
Ein gutes Beispiel ist eine Touristengruppe, die gerade vor einer großen Kirche steht und Selfies aufnimmt. Ihre Mitglieder werden alle vom gleichen Beam erfasst und versorgt. Aber wer seine Fotos gerade per 5G auf Instagram hochlädt, benötigt und erhält eine höhere Leistung und Datenrate als der Touristen-Kollege daneben, der nur mit Zuhause telefoniert.
Das ist der entscheidende Unterschied zwischen einer passiven Mobilfunkantenne und dem neuen Beamforming, so Sebastian Gunreben: "Die Leistung der Antenne bleibt beim Beamforming mehr oder minder gleich, im Vergleich zu einer konventionellen Antenne. Aber die bisherige Antenne sendet immer mit der gleichen Leistung, 24 Stunden lang. Mit Beamforming schaffe ich es quasi, diese Leistung nur dann abzurufen, wenn wirklich auch Bedarf in dieser Zelle da ist."
Ist Gigabit-Tempo der Hauptvorteil von Beamforming?
Geschwindigkeit ist das eine. Aber Experte Gunreben hält die höhere Netzabdeckung durch die neue Technik für noch viel wichtiger. Denn: "Bei einer statischen Antenne habe ich ein gewisses Ausbreitungsfeld. Wenn ich mich dann am Netzrand befinde, kann es sein, dass ich gar keine hohen Datenraten mehr bekomme oder dass der Dienst per se nicht funktioniert."
Die aktive Antenne "sieht" dagegen quasi, wenn sich ein Nutzer am Netzrand befindet - und richtet gezielt einen Beam auf ihn aus. "Dadurch befinde ich mich plötzlich gar nicht mehr am Netzrand, sondern innerhalb eines Beams." So bekommen Kunden höhere Datenraten, und die Dienste funktionieren.
Wenn das Enterprise-Chefingenieur Scotty im Jahr 2200 geahnt hätte, dass die Telekom mit Beamen und mit dem gezielten Steuern von Strahlen in Mobilfunk-Galaxien vorstößt, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat - er hätte sich glatt zurück ins Jahr 2020 gebeamt.
Mehr Infos im Video:
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