#ElbeBlogger oder wie ich lernte, Periscope zu lieben
Periscope überträgt Live-Videos von Handy zu Handy. Nutzen kann die App jeder. Während der ElbeBlogger-Tour haben wir die Anwendung getestet. Ein Erfahrungsbericht.
Unsere ersten Gehversuche mit Livestreaming im Rahmen des Projekts "ElbeBlogger" haben wir mit der Anwendung Meerkat gemacht. Periscope stand damals für Android-Geräte einfach noch nicht zur Verfügung. Wir haben Meerkat mehr oder weniger spontan für die Bekanntgabe der Shortlist und die Bekanntgabe des Gewinners genutzt. Dass wir in der Folge auf Periscope umgeschwenkt sind, lag allein in der größeren Abdeckung, weil diese App für iPhones und Android-Geräte einsetzbar war.
Abenteuer mit zahlreichen Unbekannten
Zwei Dinge haben mich in dem Wunsch bestärkt, während der ElbeBlogger-Tour mit Livestreaming zu experimentieren:
a) Kai Diekmann (@KaiDiekmann). Wenn sich jemand, der so unter kritischer Beobachtung steht, die Freiheit nimmt, die Möglichkeiten dieser App auszuloten, dann sollten wir uns mit unserem kleinen Projekt nicht scheuen, dieses Risiko ebenfalls einzugehen.
b) G7-Gipfel. Bei der Berichterstattung zum Weltwirtschaftsgipfel haben Zeitungen wie der "Münchner Merkur" durch Livestreaming das Bewegtbild-Monopol der Fernsehanstalten durchbrochen und ihre Berichterstattung sinnvoll ergänzt.
Wir haben deshalb in unseren Tourplan eine tägliche Periscope-Übertragung eingebaut. Immer um 18 Uhr sollten unsere ElbeBlogger, Tobias Schwarz (@isarmatrose) und Hubertus Kischkewitz (@1Crossmax), auf Sendung gehen.
Ein Abenteuer mit zahlreichen Unbekannten: Würde der Zeitplan zu halten sein? Würde an den jeweiligen Orten eine entsprechende Versorgung bestehen? Wie würden die beiden Protagonisten vor der "Kamera" rüberkommen?
Vierzehn Übertragungen und eine Weltpremiere
Vierzehn Tage haben wir das Programm durchgezogen. Und wie sagt der Rheinländer so schön: "Es het noch immer jot jejange":
Einmal mussten wir die Übertragung nach hinten verschieben. Dafür haben wir eine Weltpremiere: die erste Periscope-Liveübertragung von einem Lotsenboot auf der Elbe.
Einmal - genau am letzten Tag - ist uns die Übertragung komplett abgeschmiert. Die Frage nach dem Warum blieb unbeantwortet. Eigentlich sollte an diesem Ort ein paradiesische Versorgung herrschen (gemessen mit dem Speedtest von Ookla). Dafür hatten wir die restliche Zeit fast immer ein scharfes Bild und gute Tonqualität.
Durchgehend geklappt hat das Zusammenspiel von Tobias und Hubertus vor der Kamera. Warum das Lampenfieber vor einer Periscope-Übertragung nicht das Niveau einer Fernsehübertragung erreicht, müssen zukünftige Psychologen-Generationen noch gründlicher erforschen. Vielleicht liegt es daran, dass wir zu unserem handlichen Smartphone eine innigere Beziehung haben als zu einer einschüchternden TV-Kamera; wir das Thema selbst bestimmen und die Übertragung jederzeit beenden können.
Übrigens: Die Ankündigungs-Tweets für die Periscope-Übertragung gehörten an jedem Tag zu unseren reichweitenstärksten Nachrichten auf Twitter - eben ein echtes Buzzword. Allein das ist ein Grund, warum wir diesen Kommunikationskanal bei einer ähnlichen Aktion unbedingt wieder mitdenken. Auch wenn die tatsächliche Reichweite bei der Übertragung mit rund sechzig Zuschauern überschaubar blieb. Aber es war ja auch ein kleines Projekt, und Periscope steht als gelernter Kanal noch in seinen Anfängen.
Eine Handvoll Tipps fürs eigene Periscope-Abenteuer
Hier meine wichtigsten Tipps für Neugierige, die sich auch in ein Periscope-Abenteuer stützen wollen:
Handy ruhig halten. Ein oder zwei Schwenks sind erlaubt. Aber mehr sollte man den Zuschauern nicht zumuten, sonst werden sie seekrank. Besonders schlimm wird es, wenn zwei gemeinsam auf Sendung gehen und dann das Handy immer hin und her drehen. Hier heißt es: Zusammenrücken und stillhalten!
Wenn man für 18 Uhr eine Übertragung ankündigt, dann beginnen die Zuschauer ab diesem Zeitpunkt einzutrudeln. Um die Zeit zu überbrücken, kann man beispielsweise kurzzeitig einen leeren Stuhl zu zeigen, auf dem ein Zettel liegt: "Gleich geht es los." Das kann im Idealfall sogar eine gewisse Spannung erzeugen.
Bei Sendungen im freien Gelände auf den Umgebungslärm achten. Tückisch kann vor allem der Wind werden.
Nicht einfach ohne Sinn und Verstand senden. Auch eine Periscope-Übertragung sollte einen Mehrwert bieten. Wir haben uns deshalb nach drei Tagen einen Mini-Sendeablauf verpasst: Rückblick auf den Tag. Hinweis auf das Gewinnspiel. Hinweis auf die Blog-Beiträge. Ausblick auf den nächsten Tag. Mit einem solchen Fahrplan vor Augen weiß man auch, wann Schluss ist und die Übertragung guten Gewissens beendet werden kann.
Ich bin fest davon überzeugt, dass Periscope kein Trend ist, sondern sich einen festen Platz im Mix der Kommunikationskanäle erobern wird. Die Möglichkeit, ohne großen Aufwand eine Live-Übertragung von irgendwoher zu starten, ist einfach zu fantastisch. Der Traum für jeden Nachrichten-Menschen und ein weiterer Beleg dafür, wie sehr Telekommunikation unser Leben verändert.
Ach so, einen Tipp habe ich noch: Vor der Übertragung Akku laden und Datenvolumen checken. Eine Periscope-Übertragung zieht ordentlich. Bei unseren Samsung-Smartphones war es mehr als ein Prozent pro Minute.