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Kathrin Langkamp

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Wie lösche ich ein Rechenzentrum … ohne es zu löschen?

Martinshörner lärmen und Hektik verbreitet sich auf dem Gelände des Rechenzentrums in Biere. Ein, zwei, drei, nein - gleich vier Feuerwehrwagen düsen zur Sicherheitsschleuse des Rechenzentrums. Drinnen scheint es zu brennen - und die Feuerwehr? Steht erstmal draußen. Denn diese Tür ist mindestens so gut bewacht wie die von Fort Knox. Aber im Brandfall ist alles anders. Und so öffnen sich die Schleusen, die Feuerwehr fährt ein. Glücklicherweise nur zur jährlichen Feuerwehrübung. Ein guter Anlass, um zu fragen: Wie löscht man eigentlich ein Rechenzentrum? Und was ist anders als bei einem ganz normalen Hausbrand?  

In Biere bei Magdeburg betreibt T-Systems eines der leistungsfähigsten Rechenzentren Europas. Der IT-Campus im sachsen-anhaltinischen Bördeland beherbergt etwa 100.000 Server auf 12.000 Quadratmetern Fläche, das entspricht circa 47 Tennisfeldern. Hier werden die Daten vieler Unternehmen verarbeitet und auch kritische Infrastruktur betrieben.  Auch die Open Telekom Cloud hat ihre Heimat in Biere. 

Biere eins und zwei, wie der Magenta-Volksmund die zwei Cluster benennt, stehen nicht allein da. Das Datenzentrum beruht auf dem Twin Core-Konzept und hat daher einen baugleichen Zwilling in regionaler Nähe – und zwar im 20 Kilometer entfernten Magdeburg. Dort werden die Daten aus Biere gespiegelt und damit immer doppelt vorgehalten. Aus Sicherheitsgründen müssen die Zwillings-Rechenzentren einen gewissen Abstand voneinander haben, der nicht zu groß und nicht zu klein sein darf. Einerseits, um Daten mit genügend Geschwindigkeit von A nach B zu spiegeln. Andererseits, damit genug Abstand zwischen den Orten liegt und mögliche Katastrophen nicht beide Rechenzentren zeitgleich treffen.  Aber genug von drögen Daten. Zurück zum Brandalarm. 

Riecht es schon nach Rauch?

Wasser und IT vertragen sich bekanntlich nicht sonderlich gut. Um sensible Daten verlässlich zu verarbeiten, müssen nicht nur die Server gekühlt, sondern auch vor Wasser geschützt werden – auch im Brandfall. Was aber tun, wenn es brennt? Einen Brand inmitten von Technik mit Wasser und Schaum zu löschen, ist jedenfalls keine Option. 

Am besten ist natürlich die Verhinderung von Bränden. Deshalb kommt in Biere ein fleißiges Schnüffelsystem zum Einsatz. „Die Serverräume werden rund um die Uhr auf kleinste Mengen-Partikel in der Luft geprüft“, erklärt Dirk Kabelitz, Leiter des Rechenzentrums in Biere. „Sollten Rauchgas-Partikel im Raum sein, so wird ein Alarm ausgelöst“.  Die Fachleute sprechen hier von einem sogenannten Ansaugrauchmelder. Dieser registriert einen Brand im Frühstadium und löst einen Technikereinsatz aus, der schadhafte Geräte stromlos macht. Sollte das nicht ausreichen, wird ein weiterer Alarm automatisch an die Feuerwehrleitstelle gesendet. Gleichzeitig leitet ein automatisches Löschsystem Stickstoff in die Serverräume. Innerhalb von vier Sekunden lassen sich die Räume mit dem Gas fluten und ein Feuer so im Keim ersticken. Das allein reicht aber nicht. Die Feuerwehr wird trotz der automatischen Löschanlage benachrichtigt. 

Mit Sicherheit ohne Feuer 

Um die Daten rund um die Uhr zu schützen, bedarf es eines ausgeklügelten Sicherheitskonzepts, bei dem öffentliche Behörden und Organisationen zusammenarbeiten. Im Fall der Fälle ist das Rechenzentrum aber zusätzlich auf externe Hilfe angewiesen. Schließlich sind auch Brände in den dazugehörigen Bürogebäuden oder den Netzersatzanlagen mit den riesigen Schiffsdieseln möglich. 30 Stück stehen davon in Biere. Ein 20-Zylinder Motor liefert Energie für ca. 200 Einfamilienhäuser. Die Betankung reicht für 110 Stunden Dauerbetrieb aus. Ein Lieferant sichert die rechtzeitige Nachbetankung im Falle von Engpässen zu. Große Energiemengen sind hier im Spiel, weshalb Vorkehrungen so wichtig sind. Bei der Feuerwehr kommen in der Regel CO2-Löscher zum Einsatz, bei offenem Feuer schließlich auch Wasser. „Um das Risiko möglichst gering zu halten, trainieren wir regelmäßig, wie wir in Extremsituationen reagieren müssen und vertiefen unser Fachwissen“, sagt Gemeindewehrleiter Hans Georg Fabian von der Freiwilligen Feuerwehr Bördeland. Zudem muss die Feuerwehr die Räume nach der Stickstoffflutung wieder freigeben. Für den Einsatz in einem Rechenzentrum benötigt die Feuerwehr professionelles Material wie Atemschutz, angepasste Schutzkleidung und Kommunikationstechnik. 

Daneben unterstützen weitere Maßnahmen: 

  • Die Serverräume haben einen Feuerwiderstand für mindestens 90 Minuten. 
  • Mindestabstände zwischen den Standorten und auf dem Gebäudecampus erhöhen die Sicherheit. 
  • Kabelführungen für Strom und Daten auf getrennten Wegen in die Brandschutzzellen sichern die Verfügbarkeit. Zudem ist alles redundant aufgebaut.
  • Das Team frischt sein Wissen auf und nimmt Teilabschaltungen zur Simulation von Großschadensereignissen vor.
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Zurück hinter die bestgesicherte Tür des Bördelands: Die Rauchmelder und Martinshörner sind verstummt, die Schläuche werden eingerollt, die Freiwillige Feuerwehr geht zurück auf Position. Nach der Übung an der Netzersatzanlage steht die nächste Übung an: Diesmal im Innenleben des Rechenzentrums. Doch das findet ohne mich statt. Denn das Rechenzentrum und vor allem die Serverräume dürfen aus Sicherheitsgründen nur von wenigen autorisierten Personen betreten werden. Und obwohl ich einen Blick hinter die Schleuse erhaschen konnte, bleibt es für mich weiter ein Geheimnis, wie das Rechenzentrum wohl von innen aussieht.

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Das größte Rechenzentrum Deutschlands - Netzgeschichten

Gewissermaßen in geheimer Mission pirscht sich #Netzgeschichten-Moderator Christian Loss an das Telekom-Rechenzentrum Biere 2 an. Allerdings zwecklos, denn Johannes Krafcyk und seine Kollegen gewähren nur wenigen Menschen überhaupt Zutritt. Was es mit dem neuen Hochleistungsrechenzentrum Biere 2 auf sich hat und welche Cloud-Daten dort sicher gespeichert werden, erfahrt ihr in der aktuellen Folge Netzgeschichten zum Thema IT-Sicherheit.

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