Berlins Verkehr wird „diginetter“ - Teststrecke für autonome Autos eröffnet
Hände weg vom Steuer! In Berlin zeigen Zukunftsforscher den Straßenverkehr von morgen. Mitten in der Stadt gibt es jetzt die Teststrecke „Diginet-PS“ für autonom fahrende Autos. Sie führt vom Brandenburger Tor bis zum Ernst-Reuter-Platz. Das sind fast vier Kilometer tosender Verkehr mit 60.000 Fahrzeugen pro Tag. Eine riesige Herausforderung für selbstfahrende Autos. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, Berlins Bürgermeister Michael Müller und T-Systems Chef Adel Al-Saleh überzeugten sich vor Ort, wie die Mobilität der Zukunft in der Hauptstadt Fahrt aufnimmt.
Autos, Laster, Fahrradfahrer, E-Roller, Busse, Fußgänger, an den Seiten die Zugänge zur U-Bahn Ernst-Reuter-Platz. Wir sind im Herzen der Stadt. Hier pulsiert der Verkehr auf mehreren Spuren. Von hier führt die Straße des 17. Juni an der Siegessäule vorbei bis zum Brandenburger Tor. Dazu zählen zwei Kreisverkehre und 15 Ampeln. Um zu verstehen, wie der Verkehr der Zukunft organisiert werden muss, gibt es keinen besseren Ort. Die Mitte des Platzes ist nicht mehr als eine große Verkehrsinsel. Mitten auf der Insel steht an diesem Tag ein Pavillon. Größen aus Politik, Wissenschaft und Digital- und Autoindustrie haben hier ein Stelldichein. Dazu eingeladen hat der Präsident der Technischen Universität Christian Thomsen. Die Hochschule hat in unmittelbarer Nähe ihren Sitz. Beheimatet sind hier auch die Forscher des Projektes „Diginet-PS“.
„Wir haben mitten in der Metropole ein Freiluft-Testlabor, um den Verkehr der Zukunft besser zu organisieren. Hier kommunizieren Fahrzeuge untereinander und mit der Umgebung. Sie erkennen Wetterverhältnisse, freie Parkplätze oder wechselnde Ampelschaltungen“, zeigte sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zur Eröffnung der Teststrecke beeindruckt. Zusammen mit Prof. Sahin Albayrak, dem Leiter des Forschungsprojekts, hatte Scheuer eine Testfahrt unternommen. Allerdings noch in einem Fahrzeug, das nicht von Geisterhand gelenkt wird, sondern nur teilautomatisiert unterwegs ist. Nach Ansicht des Berliner Forschers Sahin ist nämlich noch einiges zu tun, bis die Maschine das Denken und Lenken komplett übernehmen kann. Zumindest was das Szenario im städtischen Verkehr angeht.
Technisch noch vieles in den Kinderschuhen
Der Professor ist davon überzeugt, dass nur durch die konsequente Digitalisierung des ganzen Systems der Stadtverkehr nachhaltig verändert werden kann. Nur so kann der Verkehr sicherer und klimafreundlicher werden. „Wir wollen weniger Abgase, weniger überfüllte Straßen und weniger Tote“, unterstrich der Wissenschaftler. Daher will Sahin die Teststrecke den Unternehmen der Autoindustrie und anderen Forscherteams zur Verfügung stellen. Seiner Ansicht wird es nicht reichen, wenn nur die Autos mit Kameras und Laserscannern ausgestattet sind. Auch das Umfeld und die Straße muss deutlich smarter werden. Dazu gehören Sensoren am Straßenrand, an Laternen oder Ampeln. Allein an der Berliner Teststrecke hat sein Team rund 100 Sensoren angebracht. Sie alle liefern wichtige Informationen zum Verkehr oder den Wetterverhältnissen.
An dieser Stelle kommen auch Digitalunternehmen wie die T-Systems in Spiel. Als einer der Projektpartner sorgt T-Systems dafür, dass die enormen Datenmengen gemanagt werden. Immerhin sind dies 50 Terabyte Daten pro Tag. Diese werden in die Cloud geschickt, ausgewertet und zurück in die Autos gesendet, um beispielsweise vor Unfällen zu warnen. Gebraucht werden für diese Art der Künstlichen Intelligenz sichere Plattformen, genauso wie schnelle Netze. T-Systems Chef Adel Al-Saleh betonte, „eine Grundanforderung für autonomes Fahren ist Sicherheit. Dazu zählt auch die Sicherheit der Daten sowie ihre sichere Verarbeitung. Mit LTE, künftig mit 5G, sorgen wir zudem für die zuverlässige Kommunikation zwischen den Fahrzeugen und ihrer Umgebung.“
Hauptstadt gibt Visitenkarte für nächste IAA ab
Auch Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller, ließ es sich nicht nehmen, bei der Inbetriebnahme der Diginet-PS-Teststrecke dabei zu sein. Für ihn kam der Termin genau zum richtigen Zeitpunkt. In Frankfurt läuft gerade die Internationale Automobilausstellung (IAA) und die steckt in einer tiefen Krise. Erwartet wird von den Ausstellern ein stärkeres Bekenntnis zu den Klimaschutzzielen, genauso wie zu neuen Formen der Mobilität. Berlin hat sich bereits ins Gespräch gebracht, die Messe neu auszurichten. Notwendig sind neue Akzente, weg vom Blech hin zum digitalen Miteinander der verschiedenen Verkehrsträger. Und welche Stadt eignet sich da besser als die Metropole an der Spree, um genau das zu demonstrieren? Eine Stadt, die jetzt eine der ersten digitalen Teststrecken europaweit hat, die mitten in der Stadt liegt und ganz reale Verkehrsbedingungen bietet.
Mobilität der Zukunft
Wie sieht die Zukunft der Mobilität aus? Vernetzt, elektrisch, softwaregetrieben.