„Google-Auto“ hilft Telekom beim Breitbandausbau. Mit Geo-Mapping zum schnellen Internet
Die Telekom gibt jedes Jahr rund vier Milliarden Euro für den Netzausbau in Deutschland aus. Aber auch aus diesem großen Topf kann jeder Euro nur einmal ausgegeben werden. Deshalb sucht die Telekom ständig nach Möglichkeiten, den Ausbau noch schneller und effizienter zu gestalten. Der Einsatz von Geo-Mapping beim Breitbandausbau ist ein Beispiel.
Hier stehe ich auf dem Hof der Firma Geotechnik in Kempen und kann nicht anders: Als ich das erste Mal das Geo-Mapping-Fahrzeug erblicke, muss ich unwillkürlich an die Google-Street-View-Autos denken, die ich aus zahllosen Medienberichten kenne. Und deshalb ist meine erste Frage an Geschäftsführer Norbert Kuck, ob die Kollegen für Google-Mitarbeiter gehalten werden, wenn sie mit dem Fahrzeug durch die Straßen fahren. „Damit das nicht passiert, haben wir bewusst groß die Aufschrift ‚Vermessung‘ angebracht. Im Gegensatz zu Google veröffentlichen wir keine Daten. Wir fahren ausschließlich für unsere Auftraggeber“, sagt Norbert Kuck. „Die ‚Vorarbeit‘ durch Google Street View war für uns aber von Vorteil. Den meisten Menschen kann man so einfach erklären, was für Daten wir produzieren. Zudem sind einige datenschutzrechtliche Aspekte im Rahmen der Veröffentlichung von Google geklärt worden.“
GIS-Kartierung in Reisegeschwindigkeit
Das Prunkstück des Geo-Mapping-Fahrzeugs ist natürlich der Aufsatz auf dem Dach. Ein Turm aus: GNSS-Antenne, für den Empfang der GPS-Daten; einer 360°-Digitalkamera mit sechs Objektiven mit jeweils fünf Megapixel Auflösung, die auf den schönen Namen Ladybug hört; eine IP-S2, die die Daten sammelt, und einem Kranz aus fünf Laserscannern als Abschluss.
Das mobile Geo-Mapping-System von Geotechnik ermöglicht eine präzise, dreidimensionale Vermessung und Erfassung von Straßen, Gebäuden, Verkehrseinrichtungen und vielen weiteren wichtigen Details, die für eine 3-D-GIS-Kartierung notwendig sind. Und das bei normaler Reisegeschwindigkeit. „In der Stadt fahren wir in der Regel 30 km/h, auf der Landstraße sind es auch 80 km/h“, sagt Kuck.
In einer Stunde fallen rund 50 GB Datenmaterial an. Nachdem die Daten ausgewertet und aufgearbeitet worden sind, kann ich mich an jeden Punkt meiner Messfahrt zurückklicken und die Situation vor Ort detailgetreu anschauen.
Der Netzplaner der Telekom nimmt bei seiner Arbeit die Netzplanung normalerweise anhand von Karten und Plänen vor. Diese allein reichen aber nicht immer aus, um sich die Situation vor Ort plastisch vorzustellen. Deshalb gibt es auch den sogenannten Reality Check. Das heißt: Der Planer nimmt die Situation vor Ort in Augenschein. Er muss dafür rausfahren, protokollieren, messen und fotografieren. Das ist aufwendig.
Hier kommt die Firma Geotechnik ins Spiel. Sie fängt die Situation vor Ort in 360°-Aufnahmen ein. Mit der Präsentation, die nach der Messfahrt entsteht, können Standortfragen diskutiert werden, ohne dass der Bürgermeister, der Verwaltungsangestellte und der Netzplaner zur selben Zeit am selben Ort sein müssen. Ein Riesenvorteil, gerade wenn ein Standort in die Diskussion gerät und gegebenenfalls mehrere Abspracherunden nötig sind.
Geo-Mapping-Fahrzeug versus Eigenheim
Zwei Jahre lang wurde das System mit einer eigens für die Telekom entwickelten Software getestet. Über 120.000 Kilometer hat Geotechnik bereits im Auftrag der Telekom zurückgelegt. Seit Anfang 2016 besitzt die Firma einen Rahmenvertrag für das gesamte Bundesgebiet. Sie wird also in Zukunft kreuz und quer durch Deutschland reisen. Begrenzender Faktor ist allein das Wetter. „Bei sehr starkem Regen können wir nicht fahren, weil die Reflexionen auf dem Asphalt eine saubere Messung dann nicht zulassen“, erklärt Kuck. „Wir würden in einem solchen Fall in eine andere Region ausweichen. Wir sind flexibel und die Wettervorhersagen relativ zuverlässig.“
Zum Schluss will ich noch wissen, was ein solches Gefährt mit allem Drum und Dran kostet. Kuck lacht: „Bei uns hier in Kempen könnten Sie sich davon ein hübsches Einfamilienhaus bauen.“