Den Green Deal zum einzig wahren Deal machen
Ein Beitrag von Dominique Leroy, Vorstandsmitglied Europa der Deutschen Telekom, über die Rolle der Telekommunikationsbranche bei der Erreichung der ehrgeizigen Ziele des Green Deals der EU. Dieser Artikel wurde zuerst als Gastbeitrag auf dem Portal euractiv.com veröffentlicht.
Die Titelseiten der Gazetten lassen keinen Zweifel – die Welt kämpft die beiden härtesten Kämpfe unserer Zeit: die Pandemie und die zunehmende globale Erwärmung. Während wir die Pandemie allmählich hinter uns lassen, ist kein Winkel der Erde gegen die verheerenden Folgen des Klimawandels "immun". Die jüngsten Bilder von verheerenden Wetterereignissen – Überschwemmungen, extreme Hitze, Waldbrände – versetzen uns in Schrecken. Die Umkehrung der ökologischen Krise scheint zu einer Frage von Leben und Tod zu werden. In jedem Fall ist es zwingend notwendig zu handeln.
Keine Klimaneutralität ohne Digitalisierung
Mit ihrer ambitionierten "Green Deal"-Agenda will die Europäische Kommission ein Zeichen setzen - in der Hoffnung, dass andere Regionen der Welt folgen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht in der Dopplung grüne und digitale Transformation eine wichtige Säule für den Aufschwung nach der Pandemie. Die Zukunft ist intelligent und nachhaltig - beides sind zwei Seiten der gleichen Medaille: keine Klimaneutralität ohne Digitalisierung.
Der Informations- und Kommunikationstechnologie-Sektor (IKT) ist eine Lebensader. Dies galt für die Bewältigung der Pandemie, und dies wird auch für die Realisierung des Ziels gelten, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Nur wenn Europa seine Maßnahmen im Bereich der Digitalisierung ausweitet, können wir die ehrgeizigen Klimaziele erreichen.
Wissenschaftler sind sich weitgehend einig, dass der IKT-Sektor deutlich mehr CO2-Emissionen einspart, als er selbst produziert. Laut einer aktuellen BCG-Studie kann die breite Einführung digitaler Lösungen die Kohlenstoffemissionen um bis zu 15 Prozent senken. Zu den Schlüsselfaktoren gehören beispielsweise Emissionssenkungen um 30 Prozent sowohl durch intelligente Städte als auch durch die digitale Transformation des Verkehrssektors.
Als Deutsche Telekom helfen wir unseren Kunden in Europa, 331 Prozent – bzw. viermal - mehr CO2 einzusparen, als wir als Unternehmen ausstoßen - mit unseren Netzen, Rechenzentren und Cloud-Angeboten, mit intelligenten Anwendungen für Städte, Fabriken und Haushalte. Im vergangenen Jahr beliefen sich die positiven CO2-Effekte, die auf Kundenseite durch den Einsatz unserer Produkte und Lösungen möglich wurden, auf fast 38 Millionen Tonnen.
Nachhaltigkeit als Teil unserer Konzernstrategie
Wir wollen das führende europäische Telekommunikationsunternehmen sein - auch in puncto Nachhaltigkeit. Deshalb haben wir unsere eigenen Klimaziele erhöht, um mit gutem Beispiel voranzugehen. Nachhaltigkeit ist Teil unserer Konzernstrategie und der Vorstandsvergütung. Bis 2025 erreichen wir Klimaneutralität für unsere direkten und indirekten Emissionen und bis 2040 für alle Emissionen entlang der Wertschöpfungskette. Ab diesem Jahr stammt der Strom der Deutschen Telekom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen. Und das weltweit.
Wir gehen konsequent den Weg der Kreislaufwirtschaft, indem wir Mietmodelle für Geräte anbieten und Altgeräte zurücknehmen. Gemeinsam mit anderen großen europäischen Telekommunikationsanbietern haben wir ein branchenweites Öko-Rating eingeführt, um die Umweltauswirkungen des gesamten Prozesses der Herstellung, Nutzung und Entsorgung von Mobiltelefonen zu bewerten - und für die Verbraucher*innen transparent zu machen. Alle in Deutschland neu eingeführten und mit einem „T“ gebrandeten Geräte besitzen eine nachhaltige Verpackung, im Laufe des nächsten Jahres werden wir dies auf ganz Europa ausweiten.
Mehr Energieeffizienz durch Glasfaser und 5G
Die Deutsche Telekom ist auch ein führendes Glasfaser- und 5G-Unternehmen in Europa. Glasfaser und 5G sind die energieeffizientesten Netzgenerationen - vor allem, wenn wir den rasanten Anstieg des Datenverkehrs berücksichtigen. Während der Pandemie erwies sich die digitale Infrastruktur als Rückgrat von Gesellschaft, Bildung und Wirtschaft in Europa. Netze wurden so wichtig wie Wasser, Strom und Lebensmittel. Und diese Schlüsselrolle werden sie auch in der Welt nach der Pandemie behalten.
Der schnelle Ausbau von Glasfaser und 5G ist daher eine der wichtigsten infrastrukturpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Gemäß den Zielen der Digitalen Dekade der EU sollen bis 2030 alle europäischen Haushalte über Gigabit-Anschlüsse verfügen und alle besiedelten Gebiete mit 5G versorgt werden. Die erforderlichen Netzinvestitionen werden von der EU auf zusätzlich 300 Milliarden Euro geschätzt. Diese Summe wird vor allem von privaten Unternehmen geschultert werden müssen.
Investitionen für nachhaltige Netze attraktiver gestalten
Dafür müssen wir solche Investitionen attraktiver und nachhaltiger gestalten. Der Telekommunikationssektor benötigt mehr Unterstützung und Flexibilität, um die Kosteneffizienz zu steigern: Ein flexiblerer Rahmen für die gemeinsame Nutzung von Netzen und für Zusammenarbeit könnte die Kosten für den Netzausbau erheblich senken. Außerdem muss die Investitionslast gerechter auf diejenigen verteilt werden, die von schnellen und stabilen Netzen profitieren.
So ist beispielsweise die Nachfrage nach Online-Diensten, insbesondere Videodiensten, explodiert und hat sich während der Krise noch weiter erhöht. Heute werden etwa 80 Prozent der Daten in unseren Netzen von weniger als einem Dutzend großer globaler Internetunternehmen erzeugt. Deren Datenmengen werden oft unnötigerweise über den Atlantik geschickt. Und während sie immer mehr finanziellen Gewinn aus unseren Netzen ziehen, geht ihre Bereitschaft, sich an den Netzkosten zu beteiligen, gegen Null. Dies ist weder unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Effizienz nachhaltig, noch bietet es Anreize für eine effizientere Nutzung der Netzkapazitäten, um Energie zu sparen und den ökologischen Fußabdruck zu verringern.
Konnektivität und ökologischer Wandel sind zwei Seiten derselben Medaille. Wie wir die Münze auch drehen und wenden, die Auswirkungen dessen, was wir in dem einen Bereich tun - oder unterlassen - haben starke Auswirkungen auf den anderen. Sie müssen sich gemeinsam voran bewegen.
Jetzt oder nie: Green Deal zum Erbe für künftige Generationen machen
Wir als Deutsche Telekom verbessern ständig die Energieeffizienz unserer Netze und Rechenzentren, und wir bekennen uns klar zu den Zielen des „Green Deal“. Da die Telekommunikationsbranche bereits viel unternimmt, muss eine mögliche neue Gesetzgebung erprobte Verfahren berücksichtigen, die sich in der Praxis bereits bewährt haben. Und sie muss im Einklang mit anderen politischen Zielen der EU stehen, wie den Zielen des „Digitalen Jahrzehnts“ und der angestrebten digitalen Souveränität einschließlich eines europäischen Cloud-Ökosystems. Wir brauchen einen Rahmen, der den „befähigenden“ Effekt digitaler Infrastrukturen maximiert und den Einsatz nachhaltiger, umweltfreundlicher Netze erleichtert.
Die Herausforderungen sind groß und es steht viel auf dem Spiel, kein Zweifel. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass es uns in einer gemeinsamen Anstrengung mit allen relevanten Akteuren gelingen wird, die ökologischen Grenzen unseres Planeten nicht weiter zu strapazieren. In einer der größten wirtschaftlichen Umwälzungen wird unsere Telekommunikationsbranche eine wesentliche Rolle als Weichensteller und als Motor für eine umweltfreundlichere Wirtschaft, soziale Stabilität und nachhaltiges Wachstum in Europa übernehmen. Gemeinsam verfügen wir über das Wissen, die Fähigkeiten und die Technologien, die wir brauchen. Lassen Sie uns unsere Kräfte bündeln und den „Green Deal“ zum wertvollsten Erbe für künftige Generationen machen.
Jetzt oder nie, es gibt keinen Plan(et) B.
Politik und Regulierung
Die Telekom beteiligt sich aktiv an digitalpolitischen Debatten: Verantwortungsvoll, fair und faktenbasiert.