Archiv

Archiv

Konzern

Claudia Nemat

Leitmarkt statt Streitmarkt: Mehr Pragmatismus bei 5G

Ein Beitrag von Claudia Nemat, Vorstand Technologie und Innovation, Deutsche Telekom.

In diesen Tagen werden in Deutschland die Weichen für die Zukunft gestellt. Bei der Frequenzauktion für 5G geht es um die Frage: Kann Deutschland bei dieser Technologie eine führende Position einnehmen? Oder führt ein deutscher Sonderweg, der alle Interessen unter einen Hut zu bringen glaubt, geradewegs ins Mittelmaß? Momentan befürchte ich, letzteres könnte der Fall sein.

Claudia Nemat, Vorstandsmitglied Deutsche Telekom AG, Technologie und Innovation

Claudia Nemat, Vorstandsmitglied Technologie & Innovation der Deutschen Telekom AG.

Ich habe auf 5G drei Perspektiven. Erstens bedeutet 5G für mich Wohlstand für die kommende Generation. Also die meiner Kinder. Es steht für neue Effizienz in der Produktion der Industrienation Deutschland. Es steht aber auch für Anwendungen im Klimaschutz. In der Telemedizin und der Bildung. Kurz: 5G wird das Leben der Menschen bereichern und verbessern. Darum ist 5G für mich überhaupt keine Frage des ob, sondern des wie.

Anreiz für Investitionen

Zweitens glaube ich fest an die soziale Marktwirtschaft und einen wettbewerblichen Ausbau von Infrastruktur. Die beste Versorgung bekommen wir hin, wenn Unternehmen in einen Wettbewerb um das beste Netz eintreten. Jede Regulierung muss also den Anreiz für Investitionen setzen. Und nicht als Investitionsbremse wirken wie die jetzt von der Bundesnetzagentur vorgeschlagenen Auflagen für die Frequenzauktion. Sie gehen deutlich darüber hinaus, was die Behörde zuvor selbst als zumutbar und verhältnismäßig bewertet hatte. Ein solch falsch dimensionierter Ausbau ist wirtschaftlich unrealistisch und setzt falsche Prioritäten. Dazu bergen die unklaren Bestimmungen zu National Roaming im aktuellen Entwurf für die Vergabebedingungen der 5G-Auktion erhebliche, kaum abzuschätzende Risiken für investierende Unternehmen. Die Entscheidung über solche Milliarden-Investitionen – und damit über den Erfolg von 5G in Deutschland - erfordern aber Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit.  Wer baut noch eigene Antennen, wenn er nicht weiß, ob und wie der andere sie mitnutzen darf? Und auch den gelegentlich geäußerten Wunsch nach einem staatlichen Ausbau sehe ich kritisch. Ein Beispiel: Alle wollen Mobilfunk, wenige wollen Antennen. Ich bin mir nicht sicher, ob die Politik jeden Konflikt um neue Standorte aushalten würde oder am Ende nicht doch vor dem Wähler vor Ort einknickt. Und eine geplante Antenne damit gleich mit.

Kurze Reichweiten

Drittens glaube ich – und es ist schon fast befremdlich, das erwähnen zu müssen – an das physikalisch machbare. Bei der aktuellen Frequenzauktion geht es vor allem um ein Frequenzband im Bereich 3,6 GHz. Der Vorteil vereinfacht: Die Funkwelle ist kurz. Darauf können hohe Datenraten erzielt werden. Der Nachteil: Die Reichweite ist ebenfalls kurz. Man braucht also sehr viele Antennen. Wer heute fordert, man müsse Deutschland flächendeckend mit 5G auf Basis von 3,6 GHz versorgen, muss den Menschen morgen erklären, dass einige Hunderttausend Antennen gebaut werden. In einem Land, in dem knapp 29.000 Windräder bereits als „Verspargelung der Landschaft“ gelten, wird das eine heiße Diskussion.

Pragmatismus ist gefragt

Die können wir uns allerdings sparen, wenn wir mangelndes Technikverständnis aus der Debatte um 5G heraushalten. Ich werbe für Pragmatismus. Dazu zählt für mich, dass die Unternehmen eine klare Vision für 5G entwickeln müssen. Wenn zum Beispiel die deutsche Autoindustrie sagt, sie brauche für die vernetzte Mobilität überall 5G, dann sprechen wir darüber. Über den konkreten technischen Bedarf. Und darüber, welche Geschäftsmodelle denkbar sind. Schon heute arbeitet die Deutsche Telekom mit ihren Kunden aus der Industrie eng zusammen. Andere fordern. Wir forschen. In unseren T-Labs entwickeln wir Anwendungen und laden auch Startups ein, in unserem 5G-Testlabor an den Produkten der Zukunft zu arbeiten.

Klarer Ausbauplan

Natürlich wird unser Netz Voraussetzung für diese Produkte sein. Darum hat die Telekom einen klaren Ausbauplan vorgelegt: Bis 2025 bekommen 99 Prozent der Bevölkerung und 90 Prozent der Fläche Deutschlands 5G. Das geht aber nicht mit 3,6 GHz allein, sondern per Mix aus Frequenzen: Kurze Wellen und längere, mit denen wir die Fläche ohne „Antennenwald“ gut versorgen können. Und das ist dann eben kein deutscher Sonderweg wie der Blick in andere Länder zeigt, etwa USA oder China.

Pragmatisch wäre, die dafür notwendigen Frequenzen, die aktuell für 4G genutzt werden, möglichst bald zu verlängern. Nur mit diesen Frequenzen sind die Auflagen, die derzeit im Zusammenhang mit 5G diskutiert werden, überhaupt denkbar: Gute Versorgung entlang von Straßen und Schienen. Eine gute Abdeckung von Stadt und Land.

Leitmarkt 5G

Eine solche Lizenzverlängerung würde den Telekommunikationsunternehmen Investitionssicherheit geben. Es würde Freiräume für weitere Investitionen schaffen. Und Deutschland hätte so tatsächlich die Chance, von einem „Streitmarkt 5G“ zu einem „Leitmarkt 5G“ zu werden.

Claudia Nemat

Claudia Nemat

Vorstandsmitglied Technologie und Innovation

Breitbandausbau

Netze

Die Telekom investiert jedes Jahr mehrere Milliarden Euro in den Netzausbau. Informationen rund ums Netz.

FAQ