„Wir brauchen den gut gefüllten Werkzeugkasten“
Die Deutsche Telekom und EWE gründen das Unternehmen „Glasfaser NordWest“. Damit wollen sie den Glasfaserausbau in Norddeutschland gemeinsam vorantreiben. Ein Gespräch mit Telekom Deutschland-Chef Dirk Wössner und Dido Blankenburg, bei der Telekom verantwortlich für Breitbandkooperation.
Herr Wössner, Sie haben mit EWE den Gründungsvertrag von „Glasfaser NordWest“ unterschrieben. Wozu dieser Schritt?
Dirk Wössner: Die Telekom ist der Digitalisierungsmotor Deutschlands. Und nun schalten wir gemeinsam mit EWE einen Gang höher. Glasfaser NordWest wird neue Glasfasernetze bauen. Und das schneller und flächendeckender, als es beiden Unternehmen alleine möglich wäre. Telekom und EWE werden in den nächsten zehn Jahren gemeinsam rund zwei Milliarden in das neue Unternehmen investieren. Dieser Zeitrahmen ist lediglich ein Hinweis auf die geplanten Investitionen. Denn wir streben eine langjährige Partnerschaft an. Gemeinsam wollen wir in Norddeutschland bis zu 1,5 Millionen Haushalte und Unternehmensstandorte mit schnellem Internet versorgen. Wie Sie wissen, ist der Breitbandausbau sehr teuer und aufwändig. Sowohl in der Planung, als auch im Bau. Deshalb werden wir mit EWE Synergien nutzen. Besonders Menschen und Unternehmen im ländlichen Raum sollen davon profitieren.
In der Medieninfo geben beide Unternehmen bekannt, sie würden „die neue Infrastruktur allen interessierten Unternehmen zu kommerziellen Bedingungen anbieten.“ Was heißt das konkret?
Dido Blankenburg: Geschäftszweck von Glasfaser NordWest ist es, ohne Benachteiligung und im offenen Wettbewerb Glasfaser bereitzustellen. Das Joint Venture baut und betreibt ein FTTH-Netz. Als Produkt verkauft es Vorleistungen an Telekommunikationsunternehmen. Endkunden können dann bei EWETEL oder der Telekom einen Glasfaseranschluss kaufen. Das Joint Venture bietet zu denselben Konditionen allen Endkundenanbietern ihre Vorleistung an. Die Telekommunikationsunternehmen können dabei wählen, ob sie sich am Ausbau mit einem festen Kontingent beteiligen und dafür einen Rabatt bekommen oder jede Leitung einzeln kaufen wollen. Es gibt also ein Co-Investmodell für drei. Den Endkunden bietet dies maximalen FTTH-Ausbau plus maximale Anbieterauswahl. Hauptprodukt ist ein sogenannter Layer-2-Bitstream-Access. Darüber hinaus wird Glasfaser NordWest auch Layer-3-Bitstream-Access anbieten. Dies für Kunden, die technologisch keinen Layer-2-Bitstream-Access abnehmen können. Das künftige Unternehmen wird also keine Dienste direkt an Endkunden vermarkten. Im Kern geht es doch darum: Mit Glasfaser NordWest unterbreiten wir anderen Unternehmen ein neues kommerzielles Angebot, um Glasfaser tatsächlich gemeinsam auszubauen. Dieses Angebot beruht auf der Annahme, dass auch andere Unternehmen ihren Beitrag zu den tatsächlichen Kosten der Infrastruktur leisten. Heute haben wir Glasfaser NordWest beim Bundeskartellamt angemeldet. Im Sommer ist die Gründung vorgesehen.
Plant die Telekom ähnliche Firmengründungen mit anderen Unternehmen?
Dido Blankenburg: Wir sind an verschiedenen Formen der Zusammenarbeit interessiert. Bei der Digitalisierung Deutschlands brauchen wir neue Formen von Kooperationen. Wir setzen also nicht nur auf den Eigenausbau, sei dieser gefördert oder selbst finanziert. Wir zählen auch verstärkt auf Kooperationen mit anderen Unternehmen. So zum Beispiel mit Partnern in der Gigabitregion Stuttgart. Dort wollen wir bis 2030 gemeinsam Glasfaser, 5G und Mobilfunknetze ausbauen. So beim gemeinsamen Netzausbau mit Telefonica. Deren Mobilfunkmasten schließen wir schon seit Längerem an unser Glasfasernetz an. So nun mit dem Joint Venture mit EWE. Keine Kooperation ist wie die andere. Interessen, Marktpotenzial und Technologien unterscheiden sich teilweise deutlich.
Dirk Wössner: Deutschland digitalisieren und möglichst alle Bürger und Unternehmen mitnehmen – das ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Und diese Herausforderung gehen wir am besten mit einem gut gefüllten Werkzeugkasten an. Es wäre nicht klug, sich bei der Wahl der strategischen Werkzeuge selbst zu beschränken. In diesem Fall ist eine Firmengründung sinnvoll. Sie ist ein klares Bekenntnis: Wir bauen Deutschland aus. Pragmatisch, statt dogmatisch. Mit Partnern, statt im Alleingang.
Herr Wössner, Herr Blankenburg, danke für dieses Gespräch.
Zur Person Dr. Dirk Wössner, Jahrgang 1969, ist seit 1. Januar 2018 Mitglied des Vorstands der Deutschen Telekom AG und verantwortlich für Vertrieb, Marketing und Service von Festnetz- und Mobilfunk-Produkten für Privat- und Geschäftskunden in Deutschland. Er ist zudem Sprecher der Geschäftsführung der Telekom Deutschland GmbH. Zuvor war Wössner seit April 2015 beim kanadischen Telekommunikationsunternehmen Rogers Communication für das Privatkundengeschäft verantwortlich. Vor seinem Wechsel nach Kanada hatte Dirk Wössner von 2002 bis 2012 bei der Deutschen Telekom in verschiedenen Managementfunktionen gearbeitet, zuletzt als Geschäftsführer Vertrieb für das Geschäfts- und Privatkundengeschäft in Deutschland.
Dr. Dido Blankenburg, Jahrgang 1970, ist seit November 2018 Vorstandsbeauftragter der Deutschen Telekom für Breitbandkooperation in Deutschland und Mitglied der Geschäftsleitung. Zuvor war er unter anderem für das Wholesale-Geschäft in der Telekom Deutschland verantwortlich. Dido Blankenburg verfügt über langjährige Kenntnis des Marktes aus seiner Tätigkeit bei Mannesmann, Vodafone und AOL.
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Die Telekom investiert jedes Jahr mehrere Milliarden Euro in den Netzausbau. Informationen rund ums Netz.