Blick in Glaskugel: Cloud-Trends 2017
Mit dem Herbst des Jahres kommt auch die Zeit der Auguren, die Trends für 2017 zu vermelden – im Cloud Computing zum Beispiel. Lässt man die Glaskugel weg und wühlt sich statt dessen einmal durch die einschlägigen Seiten im Netz, ergibt sich jedoch nicht unbedingt ein einheitliches Bild. Einig sind sich Analysten, Journalisten, Cloud-Strategen und Technologieexperten jedoch in dreierlei Hinsicht: Die Cloud wächst weiter. Und die Anwender setzen immer mehr auf die Public Cloud. Und damit wird die Cloud-Integration immer wichtiger.
Der globale Markt für Public Cloud überschreitet laut Forrester die Marke von 146 Milliarden Dollar, während er 2015 bei nur 87 Milliarden Dollar lag. Rene Büst von Crisp Research stellt fest, dass sich inzwischen 85 Prozent der Unternehmen in Deutschland mit der Cloud beschäftigen, wenn auch nur ein Viertel der Unternehmen tatsächlich schon Cloud-Lösungen einsetzt. Wie sehr aber die Cloud-Nutzung zunehmen wird, darauf deutet eine Prognose von Cisco hin: Der Netzwerk-Spezialist, der ja selbst eine globale Cloud-Infrastruktur baut, rechnet damit, dass in drei Jahren 83 Prozent der Datenbewegungen in Rechenzentren auf Rechnung der Cloud gehen werden. Da passt es ins Bild, dass die Telekom ihr House of Clouds, das Rechenzentrum in Biere/ Sachsen-Anhalt, massiv ausbaut und die Kapazität um 150 Prozent erhöht.
Soviel zu den großen Zahlen. Schaut man auf das echte Leben in den Unternehmen, was die IT-Entscheider dort umtreibt, fallen immer wieder zwei Stichwörter, die eng mit der Cloud zusammenhängen: Kosten und Digitalisierungsgeschwindigkeit. Beides zwingt CIOs praktisch in die Cloud, denn nur mit dem hohen Standardisierungsgrad einer Cloud lassen sich Kosten im Griff behalten, während die Flexibilität und Geschwindigkeit von notwendigen Neuentwicklungen sich in der Cloud deutlich besser realisieren lassen als bislang. Weil aber – mit Ausnahme von Start-ups – alle Unternehmen eine gewachsene, zum Teil hoch komplexe IT-Landschaft aus Eigenbetrieb, Private Cloud und Public Cloud haben, stellt sich zunehmend die Frage nach der Integration. „Das ist keine leichte Aufgabe“, meint Analyst Büst, „schließlich setzen insbesondere große Unternehmen z.T. über 1000 einzelne Applikationen … ein.“ Cloud Integration Hubs (CIH) würden deshalb einer der zentralen Trends des kommenden Jahres sein, betont Büst. Im besten Falle können diese CIH - kurz gesagt Plattformen, die eine Vielzahl von Standardschnittstellen integrieren und Nutzern so Zugriff auf eine einheitliche Datenbasis gewähren - nicht nur die Infrastruktur integrieren, sondern auch das Cloud übergreifende Datenmanagement.
Dave Bartoletti, Hauptautor der aktuellen Cloud-Studie von Forrester, verweist auf eine eigene Umfrage, wonach 59 Prozent der mehr als 1.000 befragten Unternehmen in Nordamerika und Europa erklärten, sie würden hybride Cloud-Modelle aufbauen. Das sei genau der richtige Ansatz, meint Bartoletti: „Halte deine Optionen offen und scheue dich nicht, mehrere Provider zu nutzen.“ T-Systems‘ Cloud Mastermind Frank Strecker bestätigt. „Die Welt des Kunden ist hybrid. Wir bieten ihm deshalb die Multi-Cloud einschließlich der notwendigen Integrationsleistungen.“ Die Telekom und ihre Großkundensparte bieten verschiedene Cloud-Technologien und –Lösungen sozusagen aus einer Hand an – einschließlich, was gerne in der Diskussion um die Cloud vergessen wird, der notwendigen flexiblen Bandbreite im Netz. „Die Frage für die Unternehmen lautet doch: Für welchen Use Case nehme ich welches Angebot. Und wie spielen die verschiedenen Plattformen, die ich nutze, zusammen? Es geht doch darum, Digitalisierungsvorhaben schnell umzusetzen, die richtigen Stacks auszuwählen und darauf zu achten, wie sie kommunizieren, Daten austauschen und welche Standards sie unterstützen“, erklärte Strecker neulich in einem Interview mit der Computerwoche.
Forrester lässt keinen Zweifel daran, dass sich die amerikanischen Anbieter als „Mega-Cloud Provider“ den Löwenanteil des Cloud-Marktes auch in 2017 sichern. Allerdings prognostiziert das amerikanische Analystenhaus auch, dass die Evolution der Cloud vor allem von chinesischen Firmen vorangetrieben werde. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang, dass die Technologie der Open Telekom Cloud von Huawei mitentwickelt wurde – und zwar auf Basis von Open Stack. Diese Open-Source-Software bietet im Unterschied zu den proprietären Angeboten der großen drei einen grundsätzlich offenen Standard. Sie erleichtert also gerade die Integration und Fortentwicklung von Applikationen immens. Strecker sieht einen starken Trend in Richtung Open Stack. “Ich kenne kaum einen Kunden, der nicht eine gewisse Anzahl von Leuten auf dem Thema hätte. Wir sind sicher, dass sich Open Stack als eines der großen Ökosysteme nebenn etwa einem AWS- oder einem Microsoft-Ökosystem etablieren wird“, sagt Strecker. Crisp-Analyst Büst wird in einem seinem Trendbericht sogar konkreter. Er verweist darauf, dass etwa VW gerade seine IT-Infrastruktur auf Open Stack umstellt. Denn solche offeneren Plattformen böten zudem den Vorteil, branchenspezifische Clouds aufzubauen, die Unternehmen, Kunden und Partner zu einem effizienten Netzwerk zusammenschlössen.