Spritsparen mit dem Handy?
Die Spritpreise sind so hoch wie nie. Diesel kostete zeitweise mehr als zwei Euro pro Liter. Das wirksamste Mittel gegen hohen Spritverbrauch steckt im rechten Fuß.
Informationen im Display vieler moderner Autos unterstützen darüber hinaus, wie Geld und CO2 einzusparen sind: Auskuppeln an der Ampel, dann springt auch die Start-Stopp-Automatik an. Oder: Auskuppeln erst unter 900 Umdrehungen, denn solange der Motor bremst, liegt der Verbrauch bei Null. Wie kann dabei ein Handy helfen?
ADAC: 40 Prozent der Tankanzeigen sind ungenau
Die meisten Autos zeigen den momentanen Verbrauch an, den Durchschnittsverbrauch auf 100 Kilometer und vielleicht noch den Langzeitverbrauch über mehrere Tausend Kilometer. Der Bordcomputer liefert die Werte auf eine Nachkommastelle. Aber stimmen diese Werte auch? Der ADAC hat dies untersucht. 80 Automodelle gingen ins Rennen. Bei 40 Prozent davon lag der Bordcomputer um mehr als fünf Prozent daneben. Spitzenreiter ist ein Audi Q2 35 TDI Quattro mit einer Abweichung von fast 14 Prozent. Die gute Nachricht: Die meisten Abweichungen geben einen zu hohen Verbrauch an. Die Hersteller möchten nicht mit einem niedrigen Verbrauch glänzen, sondern sie bauen so einen Puffer für Messungenauigkeiten ein und gleichzeitig einen für die Restreichweite.
Messungenauigkeiten? Es kann doch nicht so schwer sein, den Pegel in einem Tank zu erfassen. Ist es aber doch: Denn die Kraftstofftanks schmiegen sich an die Karosserieform. Ein Millimeter Pegeländerung können je nach Füllstand mal mehr oder weniger Liter Sprit ausmachen. Deshalb messen die Autohersteller für den Verbrauch auch nicht den Tankinhalt, sondern die Menge an Sprit, die durch die Einspritzdüsen geht. Und auch das ist nicht genau. Wie der ADAC schon feststellte.
Vom Prüfstand zur App
Es gibt noch einen anderen Weg. Seit September 2018 müssen alle Neuwagen das Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure durchlaufen, kurz WLTP. Auf dem Rollenprüfstand messen die Hersteller, TÜV, DEKRA und andere den Schadstoffausstoß und berechnen daraus den Verbrauch. WLTP berücksichtigt dabei auch das am besten ausgestattete Modell mit den breitesten Reifen. Der Verbrauch bei Bergfahrten unterscheidet sich aber ganz und gar vom Verbrauch in der Ebene, bei Stop-and-go liegen die Verbrauchswerte für Bremsen und Beschleunigen weit über denen des Fahrzyklus auf dem Rollenprüfstand. Das ist der Ansatz für Sprit-Spar-Apps, die so die komplexen Messungen von Tankpegeln und Einspritzdüsen ergänzen.
Mit dem Handy Sprit sparen
Sprit-Spar-Apps sind sogar noch genauer als der WLTP-Zyklus selbst. Sie berechnen den Spritverbrauch mit aktuellen Fahrdaten als prozentuale Abweichung vom weltweit anerkannten Fahrzyklus. Denn in fast allen Handys sind Chips verbaut, die mit Satellitendaten einmal pro Sekunde ihre Position berechnen. Und zwar nicht nur in zwei Dimensionen, sondern in drei. Damit erfasst das Handy sowohl die Geschwindigkeit als auch die Steigung. Der Rest ist Newtonsche Physik: Aus Gewicht, Effizienz des Motors, Energiegehalt des Kraftstoffes, Wind- und Rollwiderstand zusammen mit den Daten aus der Position berechnet die App den aktuellen Spritverbrauch. Die Positionsdaten liefern Werte zu Standzeiten, Beschleunigung und Bremsen.
Eine App wird zur Norm
Damit alle Sprit-Spar-Apps die Berechnung auf vergleichbare Art und Weise durchführen, gibt es eine Norm: ISO 23795-1 Intelligent transport systems – Extracting trip data using nomadic and mobile devices for estimating CO2 emissions. Auf Deutsch: Intelligente Transportsysteme – Extraktion von Fahrdaten mit Hilfe von mobilen Geräten zur Schätzung von CO2-Emissionen. Blaupause für die Norm ist eine App von T-Systems. Der Algorithmus von „Low Carbon Mobility Management“ hat bereits bei einem Test in China unter Beweis gestellt, dass er funktioniert, Sprit sparen hilft und das Potential hat, die Luft zu verbessern. Zusammen mit einem Paketdienstleister hat T-Systems in den Millionenstädten Dongguan und Qingdao eine Fahrzeugflotte mit der App ausgestattet. Ergebnis: In Donguan sparte der Paketdienst pro Tonne Fracht fast 20 Prozent Sprit. In Quingdao sparte der Dienstleister annähernd 12 Prozent. Insgesamt entspricht dies 341 Tonnen CO2.
Gut für Flotten
Natürlich reicht es nicht, das Handy mit der App auf den Beifahrersitz zu legen. Die beiden Hebel für das Einsparpotential sind das Fahrverhalten und die Strecke. Über die Beschleunigungswerte kann ein Flottenbetreiber etwa Tipps an die einzelnen Fahrer geben. Denn im rechten Fuß steckt hohes Spritspar-Potential. Der zweite Hebel ist die geplante Strecke. Wer Steigungen meidet sowie Ampeln und Staus, kann noch mehr für den Geldbeutel und die Umwelt tun. Flottenbetreiber erhalten so ein einfaches und kostengünstiges Werkzeug in die Hand. Paketdienstleister müssen zusätzlich noch das Frachtgeweicht erfassen. Aber das steckt in den elektronischen Informationen zu jedem Paket mit drin und wird via Scan beim Einladen erfasst.