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Johannes Maisack

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Glasfaser Nordwest baut weiter - trotz Richterspruch

Glasfaser Nordwest ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Telekom und EWE. Es baut Millionen Glasfaseranschlüsse für Menschen im Nordwesten Deutschlands. Nun gab es gestern einen Beschluss, dass die Gründung dieses Unternehmens nicht rechtens sei – ein Rückschlag. Was bedeutet dies? Die fünf wichtigsten Antworten dazu. 

Bauarbeiter. Firmenlogo Glasfaser Nordwest

Glasfaser Nordwest baut im Nordwesten 1,5 Millionen Mal FTTH. Nun wurde einer Beschwerde gegen die Firmengründung Recht gegeben. Davon unbenommen stehen Telekom und EWE zu ihrem Unternehmen. © Deutsche Telekom

Glasfaser Nordwest. Worum geht’s nochmal? 

Die Deutsche Telekom und EWE haben 2020 das Gemeinschaftsunternehmen „Glasfaser Nordwest“ gegründet. Ziel des Jointventure ist es, bis zu 1,5 Millionen Haushalte und Unternehmensstandorte mit schnellem Internet versorgen. Dies ist die bislang größte Gründung für den Ausbau von Glasfaser in Deutschland. Glasfaser Nordwest versorgt in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bremen oft ländliche Regionen mit direkten Glasfaseranbindungen (FTTH). Dafür investieren beide Unternehmen gemeinsam bis zu zwei Milliarden Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren. Die Kooperation ist zeitlich nicht beschränkt. 

Das Unternehmen hat seinen Sitz in Oldenburg. Seine Ausbaubilanz kann sich bereits sehen lassen: : In mehr als 20 Gebieten können Kund*innen bereits FTTH nutzen. Über 100.000 Haushalte und Unternehmensstandorte sind aktuell in der Vorvermarktung.

Was ist nun passiert? 

Das Oberlandesgericht (OLG) in Düsseldorf hat die Freigabe der Firmengründung durch das Bundeskartellamt aufgehoben und damit einer Beschwerde des Wettbewerbers Vodafone stattgegeben. Vodafone hatte offiziell geklagt aus Sorge, dass Glasfaser Nordwest den Wettbewerb zu sehr behindere. Gegen den OLG-Spruch von gestern sind Rechtsmittel möglich; er ist damit nicht rechtskräftig. Glasfaser Nordwest existiert also weiterhin und baut davon unbenommen aus.

Was sagen die Beteiligten? 

Dido Blankenburg, Vorstandsbeauftragter der Deutschen Telekom für Breitbandkooperation in Deutschland und Mitglied der Geschäftsleitung. 

„Glasfaser Nordwest steht für digitale Teilhabe im Nordwesten Deutschlands. Wir wollen die dort ansässigen Menschen und Unternehmen mit schnellen Glasfaseranschlüssen versorgen. Während wir die Region mit ins Gigabitzeitalter nehmen, versuchen andere, diesen Digitalisierungsschub zu bremsen. Dies ist das falsche Signal für die Digitalisierung Deutschlands. Wir sind dennoch davon überzeugt, dass Glasfaser Nordwest seinen Ausbau fortsetzen kann. Denn als Partner können wir mehr und schneller bauen als jeder allein. Die Telekom steht weiterhin, zusammen mit der EWE, für einen schnellen und umfassenden Glasfaserausbau in dieser Region. Wir werden alle rechtlichen Optionen prüfen und weiter ausbauen.

Norbert Westfal, Sprecher der Geschäftsführung EWE TEL und BREKO-Präsident: 

„Glasfaser Nordwest ist der Digitalisierungstreiber für den Nordwesten. Die freie Anbieterwahl ist für die Endkunden derzeit nur bei einem Ausbau durch Glasfaser Nordwest garantiert. Alles spricht daher für unseren Ausbau. Die Menschen wollen und brauchen Glasfaser und EWE und Telekom werden weiter gemeinsam diese Infrastruktur im Nordwesten verlegen und die Region digitalisieren.“

Dr. Stephan Albers, Geschäftsführer des Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO):

„Kooperationen sind ein ganz wichtiger Baustein für den flächendeckenden Glasfaserausbau in Deutschland, denn sie reduzieren den Überbau und beschleunigen den Ausbau. Daher begrüßen wir Kooperationen wie das Gemeinschaftsunternehmen ,Glasfaser Nordwest' von EWE und Telekom, das zugesagt hat, 1,5 Millionen Glasfaseranschlüsse bis in die Gebäude und Wohnungen zu bauen. […] Gerade vor dem Hintergrund, dass das Gemeinschaftsunternehmen allen interessierten Unternehmen einen diskriminierungsfreien offenen Netzzugang anbietet, um Endkunden mit zukunftssicherem Glasfaser-Internet zu versorgen, sehen wir den Beschluss mit Sorge. […] Außerdem besteht die Gefahr, dass kooperative Ausbaumodelle allgemein in Frage gestellt und potenzielle Ausbaupartner abgeschreckt werden. Das ist leider ein schlechtes Signal für den Glasfaserausbau in Deutschland."

Wie geht’s jetzt weiter? 

Das wichtigste vorab: Glasfaser Nordwest steht zu seinen Ausbauzusagen und baut weiter. Auch wird das Unternehmen wie bisher den Glasfaserausbau im Nordwesten vorvermarkten. Denn der Beschluss des Oberlandesgerichts hat keine unmittelbare Wirkung. 

Beklagte in diesem Verfahren ist das Bundeskartellamt. Dennoch können neben dem Amt auch Telekom und EWE Rechtsmittel einlegen, da es offensichtlich um ihr Gemeinschaftsunternehmen geht. 

Den Gang zur nächsthöheren Instanz, dem Bundesgerichtshof, hat das OLG nicht erlaubt, sodass EWE und Telekom eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen müssten. Die Telekom wird rechtliche Schritte prüfen. Das Bundeskartellamt hat bereits angekündigt, dass es prüfen werde, Rechtsmittel einzulegen. 

Sollte es bei dem Beschluss bleiben, hätte das Kartellamt nun einige Monate Zeit, die Fusion zwischen Telekom und EWE neu zu bewerten. Denkbar ist, dass die Wettbewerbshüter strengere Auflagen verlangen. 

Warum das Urteil schlecht für Deutschland ist

Glasfaser Nordwest versorgt Menschen und Unternehmen in Gebieten in abgelegeneren Regionen und jenseits der Metropolen mit gigabitfähigen Anschlüssen. Und das schneller und effizienter, als dies EWE oder Telekom allein tun könnten. Das Unternehmen leistet einen wichtigen Beitrag für den Glasfaserausbau in Deutschland und die Digitalisierung des Landes. Allein die aktuellen Auflagen sichern den offenen und fairen Wettbewerb. Denn selbstverständlich baut Glasfaser Nordwest für alle interessierten Unternehmen aus – das Prinzip des freien Zugangs für andere („open access“) ist nicht nur oberste Leitlinie für die Telekom im Netzausbau. Open Access war ebenso eine der Auflagen, um das Unternehmen überhaupt zu gründen. 

Die Position der Telekom: Offensichtlich versucht mit Vodafone ein Wettbewerber, den Glasfaserausbau anderer zu bremsen. Übrigens jene Vodafone, die selber nicht die Schippe in die Hand nimmt und den eigenen Glasfaserausbau kürzlich für beendet erklärt hat. Dass der Klage nun Recht gegeben wurde, ist ein schlechtes Signal für dieses Land. Mit solchen Störfeuern unter Wettbewerbern wird Deutschland seine ambitionierten Ziele in der Digitalisierung nicht erreichen. Davon unbenommen: Telekom und EWE stehen weiterhin fest zu ihrem Gemeinschaftsunternehmen und prüfen nun die nächsten Schritte.

Glasfaser Nordwest ist das aktuell größte Kooperationsvorhaben zweier Telekomfirmen für den Glasfaserausbau in Deutschland.

Glasfaser Nordwest startet durch

Glasfaser Nordwest ist das aktuell größte Kooperationsvorhaben zweier Telekomfirmen für den Glasfaserausbau in Deutschland. Das Unternehmen wird mit 35 Mitarbeitern in der Zentrale in Oldenburg starten.

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