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Markus Jodl

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Mit dem Messfahrzeug auf Mobilfunk-Störungssuche

Es ist vollgepackt mit Technik: Das Messfahrzeug der Telekom deckt Störungen beim Mobilfunk auf. Wir waren bei einer Messfahrt dabei.

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Hinter dem Fahrer sitzt kein Mensch, sondern der Messcomputer.

Normalerweise gilt Frankfurt ja als Messestadt - siehe Internationale Automobil-Ausstellung (IAA), siehe Buchmesse. Bei uns wird die Main-Metropole heute aber zur Mess-Stadt. Denn wir verraten, wie die Deutsche Telekom Probleme und Störungen in ihrem Mobilfunknetz aufspürt und behebt. 

Dabei kommt ein mit jeder Menge Technik ausgestattetes Messfahrzeug zum Einsatz. Und die gesammelten Ergebnisse sorgen dann dafür, dass die Kunden wieder störungsfrei telefonieren und surfen können. Wir verraten, wie das "Messen in Hessen" funktioniert - und natürlich auch in allen anderen Bundesländern.

Diese Fehler deckt das Messfahrzeug auf

Wenn Verbindungen mit dem Smartphone abbrechen oder gar nicht erst zustande kommen - dann hat zumindest der Volksmund schnell den Grund parat: Ein Funkloch! Das kann sein, muss aber nicht. Denn es gibt noch weitere Ursachen, die zu solchen Problemen beim mobilen Telefonieren und Surfen führen können. Häufig fehlt gar kein Signal vom Sendemast (ist gleich Loch) - sondern es gibt sogar zu viele Signale. 

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Dennis Lehmacher, Mobilfunk-Optimierer bei der Telekom, beschäftigt sich beruflich mit diesem Problem. "Das bedeutet, dass zwei unterschiedliche Sender auf der gleichen Frequenz senden. Und diese Signale überlagern sich dann." Das Endgerät, also meist ein Smartphone, wird dadurch quasi zutiefst verwirrt und weiß nicht mehr, auf welches der "konkurrierenden" Signale es reagieren soll.

Wie sich Interferenzen auswirken

Solche so genannten Interferenzen können zu Störungen oder sogar Gesprächsabbrüchen führen - auch in bestens versorgten Gebieten, in denen weit und breit kein Funkloch gähnt. Dennis Lehmacher und seine Kollegen sorgen dafür, dass die Funkmasten im Netz der Telekom optimal zusammenarbeiten. Und sie müssen schnell reagieren, wenn es zu Fehlern im Netz kommt, wie unlängst in Frankfurt. 

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Die Mission für das Messfahrzeug: Hier auf der A5 scheint ein Problem zu bestehen.

Netzexperte Lehmacher erklärt vor der Behebung, um was es geht: "Wir vermuten im Bereich der Europabrücke auf der A5 in unserem GSM-Netz einen Gleichkanal. Sprich: Interferenz in der Luft für die Endgeräte." Zu solchen Überlagerungen kann es auch im UMTS- und LTE-Netz kommen. In diesem Fall geht es aber um das GSM-Netz, das zum Telefonieren und für SMS verwendet wird. 

Die Interferenzen sind nicht nur für die Kunden ein Problem, die ihre Geräte dadurch nicht wie gewünscht benutzen können, sondern auch für die Netzplaner. Denn der Telekom steht nur eine bestimmte Anzahl von Kanälen fürs Telefonieren oder Surfen zur Verfügung. Und diese müssen über ganz Deutschland optimal aufgeteilt und genutzt werden - ohne Kanäle, die sich überlagern.

Deshalb kommt es zu solchen Fehlern

Obwohl der "Kollege Computer" die Kanäle im Mobilfunknetz mit dem automatischen Planungstool der Telekom eigentlich exakt aufteilen soll, kann es immer wieder zu solchen Störungen kommen. Experte Dennis Lehmacher weiß, warum: "Planung und Wirklichkeit weichen manchmal voneinander ab." 

Was draußen vor Ort passiert, durch Bebauung, durch Bäume, durch andere physikalische Einflüsse, kann die Software nicht immer hundertprozentig nachbilden. Und wenn hier Abweichungen bestehen, kann es zu Fehlern kommen - die die Telekom dann schnellstmöglich behebt.

So findet die Telekom die Fehler

Es gibt mehrere Wege, solche Überlagerungen zu identifizieren. Die Telekom misst selbst ständig die wichtigsten Leistungsdaten mit einem System namens "Key Performance Indicator" (KPI). Wichtigster Hinweis, so Dennis Lehmacher, sind dabei "Stationen, die gestern noch gut funktioniert haben und heute ganz viele Abbrüche produzieren". 

Es gibt aber auch noch die gute alte und zuverlässigste Methode, um Problemen auf die Schliche zu kommen: Kunden, die der Telekom Störungen melden. Eine erste Einschätzung können die Mobilfunk-Optimierer dann direkt an ihren Computern vornehmen. Im Fall der A5 zeigen auf dem Rechner zwei rote Pfeile Richtung Autobahnbrücke. Das weist bereits auf eine Überlagerung hin, kann das Problem aber noch nicht genau identifizieren und lokalisieren.

So funktioniert das Messfahrzeug

Von außen sieht das High-Tech-Vehikel, ein VW-Kombi, so aus, als würden die Telekom-Mitarbeiter damit in den Skiurlaub fahren. Denn auf dem Dachgepäckträger ist ein riesiger Koffer in der Art einer Skibox installiert. 

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Außen sieht das Messfahrzeug wie ein Auto aus, das gerade in den Skiurlaub fahren wird.

Doch der Eindruck täuscht. Hier geht es nicht darum, wer unten an der Talstation ankommt - sondern welche Signale auf den Handys der Telekom-Kunden ankommen. Mobilfunk-Optimierer Dieter Becker erklärt die Sache mit dem Koffer: "Wir fahren natürlich nicht in die Alpen. In der Box sind unter anderem vier Endgeräte verbaut, eine GPS-Antenne und die einzelnen Antennen für unseren Scanner." Die vier Testhandys sind in speziellen Boxen verpackt, die das Signal so dämpfen, dass es dem Empfang im Auto entspricht. 

Der Koffer ist eine Spezialanfertigung, die im Sommer gekühlt und im Winter beheizt wird, so dass die Messgeräte immer im gleichen Temperaturbereich arbeiten. Im Inneren des VW befinden sich ein PC mit der Messsoftware, zwei Monitore und diverse Scanner, um den Empfang in allen Details zu erfassen. "Ein Scanner nimmt 250 Messwerte pro Sekunde auf", verrät Dieter Becker, der "Lionel mess i" der Telekom.

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In der Dachbox sind vier Smartphones mit spezieller Testsoftware verbaut.

So wird der Fehler gemessen

Dann macht sich der VW mit seiner Dachbox auf den Weg - nicht zur Europabrücke in der Nähe des Tiroler Skiparadieses Innsbruck, sondern zur Europabrücke in Frankfurt am Main. Zweimal fährt der Fahrer die Stelle ab, an der die Kunden schlechten oder gar keinen Empfang haben. 

Und schon während der Fahrten über die Brücke erkennt Dieter Becker auf seinen beiden Monitoren: "Zwei Endgeräte hatten extreme Qualitätsprobleme." Rote Markierungen bedeuten dann: Hier peilen Smartphones nicht den Funkmast an, von dem sie eigentlich versorgt werden sollten, sondern "versehentlich" einen anderen. Und warum nur zwei von vier? Weil jedes Smartphone anders reagiert, und weil nicht jedes Gerät den gleichen Kanal nutzt.

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Die Ergebnisse des Messfahrt in der Software.

So wird der Fehler behoben

Zurück im Büro nehmen Dieter Becker und Dennis Lehmacher die gesammelten Daten genau unter die Lupe. Experte Becker erklärt, was dabei passiert: "Ein Interferenz-Analyse-View zeigt, welches die möglichen Störer sein könnten" - also welche Funkmasten potenziell die überlagernden Signal aussenden. Nach detaillierter Auswertung der Daten können die Telekom-Spezialisten die Ursache sehr genau eingrenzen, so Dieter Becker: "Da haben wir deutliche Störer, die im ganz kritischen Bereich für GSM sind." 

Für die betroffenen Stationen ergeht dann ein so genanntes Interferenzverbot, sie dürfen auf bestimmten Kanälen nicht mehr senden. Endgültig gelöst wird das Problem dann im System der Deutschen Telekom in Bonn. Die Software berechnet dabei sicherheitshalber die Frequenzen im gesamten Gebiet neu. Und dann haben nicht mehr nur die Autos freie Fahrt auf der A5 - sondern auch die Signale fürs Telefonieren und Surfen.

Weitere Eindrücke von der Messfahrt im Video:

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