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Hubertus Kischkewitz

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Schneller zur Glasfaser dank künstlicher Intelligenz

Immer öfter sind magentafarbene Transporter mit der Aufschrift „Wir planen für Sie das Netz der Zukunft“ zu sehen. Sie fahren mit aufwändiger Messtechnik durch die Straßen und sammeln mithilfe von künstlicher Intelligenz Daten für den Netzausbau. Am Fraunhofer-Institut in Freiburg haben wir nachgefragt, was KI mit dem Glasfaserausbau zu tun hat.

Bildschirm mit 2D und 3D Darstellung einer Straße

Wie mithilfe von künstlicher Intelligenz der Glasfaserausbau beschleunigt werden kann, wird am Fraunhofer-Institut in Freiburg erforscht.

Was steckt in den Autos?

Auf dem Dach der Hightech-Fahrzeuge sind hochsensible Kameras und Laserscanner installiert, die die gesamte Umgebung mit Bildern und Daten erfassen. Die Scanner schaffen zwei Millionen Messpunkte in der Sekunde, bei einer Genauigkeit der einzelnen Punkte von drei bis fünf Millimetern. Während der Fahrt entsteht also ein exaktes Abbild der befahrenen Straßen.

Diese gesammelten Daten fließen dann in ein Planungstool für den Glasfaserausbau der Telekom. Die Trassen für neue Internetleitungen lassen sich auf diese Weise am Computer sehr genau konzipieren. Und der Aufwand für Vermessungen und Vorarbeiten sinkt deutlich.

Was leistet dabei künstliche Intelligenz?

Die Deutsche Telekom hat die Technik gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (IPM) in Freiburg im Breisgau entwickelt. IPM-Professor Alexander Reiterer war federführend an den Arbeiten beteiligt und kann genau erklären, was künstliche Intelligenz – oder auch maschinelles Lernen – dabei leistet:

„Es ist uns das erste Mal gelungen, mit Hilfe von maschinellem Lernen Oberflächendaten so automatisch zu erkennen, dass diese Oberflächen dann in den Planungstools der Telekom für den Glasfaserausbau verwendet werden können.“ Kurz gesagt: Das Messfahrzeug fotografiert an bestimmten Stellen Asphalt oder Kopfsteinpflaster – und die KI erkennt nur anhand der Bilder, wie die Umgebung aussieht und speist die Informationen datenschutzkonform automatisiert ins System ein.

Mann im Interview

Insgesamt 30 für die Telekom relevante Oberflächenklassen lernte Prof. Reiterer dem System an.

Und woher weiß die KI das?

Professor Reiterer schildert, wie das System angelernt wird: „Maschinelles Lernen heißt in dem Zusammenhang, einen Algorithmus zu entwickeln und zu implementieren, der aus Daten lernt – sprich, dass nicht der Mensch sein Wissen in diesen Algorithmus einbringt, sondern dass der Algorithmus selbstständig aus vorgegebenen Daten lernt.“

Im Endeffekt funktioniert das Prinzip wie in der Schule – nur dass hier nicht Kinder auf der Schulbank sitzen, sondern Computer-Software. Die Entwickler markieren zum Beispiel auf den Fotos Kopfsteinpflaster mit dem Begriff „Kopfsteinpflaster“. Und aus zahllosen solchen Bildern lernt die künstliche Intelligenz nach und nach: „Aha, so sieht also Kopfsteinpflaster aus! Das schaffe ich jetzt auch alleine.“

Welche Informationen braucht die Telekom?

„Für das Anlernen dieses Algorithmus haben wir eine große Anzahl von Fahrzeugen durch ganz Deutschland geschickt“, verrät Professor Reiterer über sein „fahrendes Klassenzimmer“. „In Summe haben wir über eine Million Bilddaten gesammelt.“ 

Im Vorfeld haben sich die Experten von Fraunhofer und Telekom genau abgestimmt, welche Objekte für die Glasfaserplanung wichtig und interessant sind. „Und wir haben festgestellt, dass es vor allem die Oberflächen sind. Sprich: In welche Oberflächen muss ich nachher die Glasfaserleitung hineinlegen?“ Das sind Objekte wie Asphaltoberflächen, Kopfsteinpflaster, Schotter, Gullydeckel, Grasnarben und vieles mehr. Im Fall der Deutschen Telekom waren es 30 unterschiedliche Objektklassen, die die KI lernen sollte.

Was waren die besonderen Herausforderungen?

Die Fahrzeuge mussten so durch Deutschland geschickt werden, dass alle relevanten Oberflächen möglichst gleichrangig vertreten sind. Der weit verbreitete Asphalt durfte also nicht deutlich öfter vorkommen als das viel seltenere Kopfsteinpflaster – sonst fehlt der KI quasi der Lernstoff.

Die Fotos mussten außerdem zu allen vier Jahreszeiten aufgenommen werden, bei den unterschiedlichsten Lichtverhältnissen und mit der jahreszeitlich ganz verschiedenen Vegetation. Denn der Algorithmus hat auch gelernt, Laubbäume von Nadelbäumen zu unterscheiden, da diese beiden Baumarten ein unterschiedliches Wurzelwerk ausbilden. Und für den Tiefbau ist es extrem wichtig, wie weit und tief Wurzeln in den Untergrund hineinragen. Sie müssen beim Verlegen der Glasfaserleitungen dann möglichst großräumig umgraben werden.

Ähnlich funktioniert es bei der automatischen Erkennung von Ampeln oder Straßenlaternen. „Auch da weiß man, dass so ein Leuchtkörper, der mit Strom versorgt wird, natürlich irgendwo durch eine Leitung angeschlossen sein muss“, so Professor Reiterer. Und auch das muss bei der Glasfaserplanung berücksichtigt werden.

Laserscanner auf einem Auto

Mit bis zu 2 Millionen Messpunkten pro Sekunde erfassen die Laserscanner Unmengen an Bilddaten.

Wie schnell hat die KI gelernt?

„Wir waren erstmal sehr positiv überrascht, wie schnell der Algorithmus in die richtige Richtung gelernt hat. Ich stelle mir das immer vor wie ein kleines Kind. Das Kind lernt sehr schnell und man ist erstaunt, was es schon alles kann“, blickt der Fraunhofer-Professor zurück. „Aber dann kam so langsam die Ernüchterung. Denn man hat feststellen müssen, dass die Erkennungsrate ungefähr bei 70 Prozent lag. Das Hochbringen dieser Erkennungsrate von 70 auf 90 Prozent, die von der Telekom gefordert waren – das war dann vom Aufwand her nicht zu vergleichen wie von 0 Prozent auf 70 Prozent.“

Um beim Schulvergleich zu bleiben: Kinder lernen schnell die Grundrechenarten, aber die Feinheiten von Geometrie und Algebra sind dann deutlich größere Herausforderungen. Außerdem mussten die Entwickler Probleme bei der Unterscheidung von 2D und 3D lösen – wenn der Algorithmus das Auto auf einem Verkehrsschild versehentlich für ein echtes Auto hält.

Wird das System künftig noch schlauer?

Mit dem Erlernen der 30 verschiedenen Oberflächenarten ist der grundsätzliche Lernprozess zunächst einmal abgeschlossen. Nun geht es um Feinheiten – zum Beispiel darum, dass die KI auch die Oberflächen unter geparkten Autos am Straßenrand so zuverlässig wie nur möglich erkennt.

Aber die Entwickler haben längst auch Ideen, wie das System noch deutlich leistungsfähiger werden kann. Professor Alexander Reiterer schildert, um was es geht: „Was wir mit den Fahrzeugen erfassen, sind Oberflächendaten. Wir können nicht in den Untergrund sehen.“ Das könnte sich ändern: „Zukünftig könnte man sich überlegen, ob man auch mit Georadarsystemen in den Untergrund reinschauen kann.“ Diese Daten könnten dann ebenfalls in die Planung einfließen, und sie noch exakter und detaillierter machen.

Lebenslanges Lernen gilt also nicht nur für Menschen, sondern auch für künstliche Intelligenz. Und dann muss das Computer-Kind zurück auf die Schulbank.

Alles zur künstlichen Intelligenz beim Glasfaserausbau im Video:

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