Alles im Fluss: Glasfaser unter der Isar
Nach dem Hochwasser im Mai 2019 ist eine Kabeltrasse unter der Isar gerissen. Das Provisorium ist schnell hergestellt. Aber die Instandsetzung der Leitung ist eine technische Herausforderung. Wir verraten, wie die Telekom-Kunden in diesem Fall wieder schnell ans Netz kamen, und wie so ein „Wasserschaden“ für die Zukunft verhindert werden soll.
Das Bier ist in München in diesem Jahr nicht in Strömen geflossen. Denn das Oktoberfest musste wegen Corona ausfallen. Aber was fließt, seit vielen Tausend Jahren und bis in alle Ewigkeit – das ist die Isar. In der bayerischen Landeshauptstadt wirkt sie meistens sanft, beinahe gebändigt. Doch bei Hochwasser zeigt die Isar, dass sie im Grunde ein wilder Gebirgsfluss ist, der sich vom Karwendel durch das Voralpenland den knapp 300 Kilometer langen Weg nach München und bis zur Donaumündung bei Deggendorf bahnt.
Wie stürmisch die Isar werden kann, mussten die Anwohner zuletzt wieder erfahren, als beim Hochwasser im Mai 2019 schwere Schäden entstanden. Davon waren auch die Deutsche Telekom und ihre Kunden betroffen. Damals hat die reißende Isar die Glasfaserleitung zerstört, die unter dem Flussbett verlief.
Hochwasser-Alarm in Oberbayern
Normalerweise sind die Isarauen bei Geretsried in der Nähe von Bad Tölz ein Paradies für Wanderer und Naturfreunde. Doch Ende Mai 2019 war alles anderes. Nach tagelangen Regenfällen tobte sich die Isar aus. Das Hochwasser beschädigte eine Druckleitung, einen sogenannten Düker, unterhalb des Flussbetts. Innerhalb dieser Leitung wurde ein Glasfaserkabel der Telekom zerstört, das Geretsried mit dem Ort Ascholding auf der anderen Seite der Isar verbunden hat.
Das verursachte einen Totalausfall von Telefon und Internet in Ascholding, einem Ortsteil der Gemeinde Dietramszell. Telekom-Techniker Thomas Albrecht erklärt, was passiert ist: „Durch das Hochwasser und das abgelassene Wasser aus dem Sylvensteinspeicher war der Wasserspiegel relativ hoch. Dadurch hat es den Düker freigeschwemmt und in der Folge dann auch abgerissen.“
Erste Hilfe für Ascholding
Die Techniker der Telekom haben damals Tag und Nacht gearbeitet, damit alle Kunden schnell wieder am Netz waren. Denn wenn Telefon und Internet nicht zur Verfügung stehen, zählt jede Stunde. Thomas Albrecht verrät, wie flott es tatsächlich ging: „Nachdem der Messbauführer festgestellt hat, an welcher Stelle das Glasfaserkabel unterbrochen ist, haben wir das Provisorium mit Nachtarbeit innerhalb von zwei Tagen in Betrieb genommen.“
Dafür haben die Experten an beiden Uferseiten Metallgerüste aufgestellt – ungefähr so wie bei der provisorischen Versorgung einer Baustelle, wenn die Stromleitung über eine Straße gelegt wird. Zwischen den beiden Stützen wurde dann ein Tragseil mit Leerrohr, ein sogenanntes Speednet-Rohr, über die Isar gespannt. „Und durch dieses Rohr“, so Techniker Albrecht, „haben wir unser Glasfaserkabel gezogen, um die beschädigte Leitung abzufangen“.
Die Glasfaser verlief somit also nicht mehr unter der Isar, sondern oberirdisch. Aber das war (vorerst) egal, dann damit war Ascholding wieder mit dem Rest der Welt verbunden.
Das Ende des Provisoriums
Mit so einer Glasfaser-Brücke ist es wie mit der provisorischen Brücke beim Zahnarzt – irgendwann muss eine endgültige, zuverlässige und stabile Lösung her. Deshalb hat die Telekom zusammen mit der Gemeinde Dietramszell bereits kurz nach dem Hochwasser mit der Planung eines neuen Dükers unter der Isar begonnen, da die Metallgerüste nicht dauerhaft in den idyllischen Isarauen stehen sollten.
Dabei hat sich eine enge Kooperation mit Dietramszell angeboten, so Techniker Albrecht im Vorfeld der Arbeiten: „Das Ganze machen wir zusammen mit der Gemeinde, die ihre beschädigte Abwasserleitung auch wieder auf die Geretsrieder Seite bringen muss.“ So können Abwasserrohr und Glasfaser gemeinsam verlegt werden, und die Beteiligten teilen sich den Aufwand für die Einrichtung der Baustelle.
Der neue Isar-Düker
Nach aufwändigen Genehmigungs- und Naturschutzverfahren konnten Telekom und Gemeinde die Arbeiten im Frühsommer 2020 in Angriff nehmen. Früher wurden Flüsse für solche Projekte umgeleitet – aber das ging bei der mächtigen Isar natürlich nicht. Deshalb wurde die Unterquerung des Flussbetts im sogenannten Spülbohrverfahren durchgeführt. Dabei frisst sich ein Bohrer von einer Baugrube aus horizontal unter dem Wasser bis zum Ziel durch, bis zur zweiten Baugrube am anderen Ufer. Eine Bohrflüssigkeit spült das Gestein aus und kühlt gleichzeitig den Bohrkopf.
Besonders der Isarkiesel, der immer wieder nachrutscht, machte das Projekt technisch anspruchsvoll – ungefähr wie in einem Becken von Murmeln, durch das man gezielt einen Tunnel bohren möchte. Mit zwei Spülbohrungen wurde das 270 Meter lange Leerrohr von Ufer zu Ufer schließlich erfolgreich verlegt. Danach konnte die Telekom ihre Glasfaserleitung wieder unsichtbar unter dem Flussbett durchziehen – und im Anschluss, so Techniker Thomas Albrecht, „das Provisorium wieder auflösen“.
Der neue Düker liegt jetzt fünf Meter tief, und nicht mehr nur drei Meter. Die Telefon- und Internetanschlüsse der Telekom-Kunden in Ascholding sind damit sicherer denn je – selbst wenn die Isar irgendwann wieder tost und tobt.
Alle Details zum Isar-Provisorium gibt's hier im Video
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